John Rabe

Der Deutsche John Rabe (1882–1950) lebte und arbeite zwischen 1911 und 1938 in China. Ab 1931 war er Geschäftsführer der Siemens-Niederlassung in Nanking. Eigentlich sollte er im Jahre 1937 nach dem Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges Nanking verlassen und nach Berlin zurückkehren, aber kurz vor seiner Abreise wurde Nanking von den Japanern eingekesselt. John Rabe versuchte noch, seine Frau Dora mit dem letzten Schiff herauszubringen, das aber von den Japanern angegriffen und versenkt wurde. Dora Rabe überlebte zum Glück diese Katastrophe.

John Rabe selbst blieb in Nanking und etablierte in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Ausländern eine internationale Schutzzone, die vom japanischen Militär toleriert wurde. In dieser Schutzzone konnten etwa 200.000 Chinesen Zuflucht finden. Sie entkamen auf diese Weise den von den Japanern angerichteten Massakern und systematischen Vergewaltigungen, bei denen mindestens ebenso viele Menschen ums Leben gekommen sind, wie sich in die Schutzzone retten konnten.

Der deutsche Regisseur Florian Gallenberger hat zusammen mit einem international besetzten Ensemble (Ulrich Tukur, Daniel Brühl, Steve Buscemi, Dagmar Manzel, Anne Cossigny u.v.a.) diese wahre Geschichte in einem erstklassigen und spannenden Spielfilm nacherzählt, der 2009 völlig zu Recht vier deutsche Filmpreise, darunter den für den besten Film gewonnen hat.

»John Rabe«. D/F/China, 2009. 1 DVD, 20th Century Fox. Sprachen: Deutsch, Originalsprachen. Länge: ca. 129 Minuten. Extras: Making-of, Featurette Deutscher Filmpreis 2009, Audiokommentar von Regisseur und Schauspielern, entfallene Szenen. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 15,–.

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Atemschaukel

Als im vergangenen Jahr die deutsche Autorin Herta Müller mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, dürfte dies die allermeisten Leser überrascht haben. Zwar wurde ihr Namen von einigen Wettbüros gehandelt, aber gerade in Deutschland dürften sie nur ganz wenige auf der Liste möglicher Kandidaten gehabt haben. Müller wurde 1953 als Tochter eines LKW-Fahrers in Rumänien in die Minderheit der Banater Schwaben hineingeboren. Im Jahr 1987 emigrierte sie in die BRD; sie thematisiert in ihren Romane, Erzählungen und Theaterstücken immer wieder das Leben von Menschen unter den Bedingungen der Diktatur.

Ihren im vergangenen Jahr erschienenen Roman »Atemschaukel« hatte sie zusammen mit ihrem Schriftstellerkollegen und Leidensgenossen Oskar Pastior (1927–2006) geplant, dessen Tod die Realisierung aber vorerst verhinderte. Schließlich hat sich Herta Müller aber entschlossen, den Roman alleine zu schreiben. Erzählt wird in kurzen Episoden das Schicksal des jungen Leopold Auberg, der im Januar 1945, nachdem die Russen die deutschen Besatzer aus Rumänien vertrieben haben, als Deutschstämmiger zur Zwangsarbeit nach Russland deportiert wird. Erst nach fünf Jahren Plackerei, Hunger, Kälte, Schmutz und Elend darf er zu seiner Familie in einen brüchigen Frieden zurückkehren.

Entstanden ist eine eindringliche und sprachlich beeindruckend originelle Darstellung nicht nur der fünf Jahre im Arbeitslager, sondern auch der tiefgreifenden Auswirkungen, die diese Zeit auf das weiterer Leben Leopold Aubergs hat. Noch 60 Jahre nach seiner Entlassung leidet er unter den Folgen der Verschleppung.

Herta Müller: Atemschaukel. München: Carl Hanser, 2009. ISBN: 978-3-446-23391-1. Preis: € 19,90.

Road to Guantanamo

Dieses Doku-Drama erzählt die wahre Geschichte vier junger Pakistani aus der englischen Stadt Tipton. Einer von ihnen reist im September 2001 nach Pakistan, um die von seine Braut kennenzulernen. Wenig später lädt er drei Freunde ein, ihm zur Hochzeit nachzureisen. Sie treffen sich in Karatschi; da mit ihren bescheidenen finanziellen Mitteln den Menschen vor Ort helfen wollen, reisen sie von dort nach Afghanistan.

Schon wieder auf der Rückreise nach Pakistan befindlich, werden sie in die Kriegshandlungen verwickelt. Nachdem sie die Belagerung von Kundus überlebt haben, bei der allerdings einer der Freunde für immer verschwindet, werden sie gefangen genommen und wenig später den US-amerikanischen Truppen übergeben, von denen sie unter dem Verdacht der Zugehörigkeit zu al-Quaida wochenlang gefangengehalten und verhört werden. Schließlich verbringt man sie in das Lager Guantanamo Bay auf Kuba. Dort werden sie nicht nur monatelang unter menschenunwürdigen Bedingungen ohne Anklage und rechtlichen Beistand gefangengehalten, sondern sie werden auch einer Reihe nicht enden wollender Verhöre und unmenschlichen Quälereien ausgesetzt. Erst im März 2004, nach über zwei Jahren Gefangenschaft, wurden sie freigelassen und nach England ausgeflogen. Es wurde gegen sie nie eine Anklage erhoben.

Michael Winterbottom dokumentiert die Geschichte der »Drei aus Tipton« minutiös mit einer Mischung aus Interviews und Spielfilmszenen. Der Film enthält sich bewusst jeder politischen oder moralischen Wertung, sondern lässt die Geschichte ganz für sich selbst sprechen. Er gewann auf der Berlinale 2006 einen Silbernen Bären.

»The Road to Guantanamo«. UK, 2006. 1 DVD, Falcom. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 92 Minuten. Extras: Interviews. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 10,–.

Der Fremde

Am 4. Januar vor 50 Jahren starb der französische Literatur-Nobelpreisträger Albert Camus in einem Autounfall. Er war unterwegs zurück nach Paris zusammen mit Michel Gallimard, einem Neffen seines Verlegers. Der Wagen Gallimards kam aus ungeklärter Ursache auf gerader Strecke von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Camus, der auf dem Beifahrersitz saß, war auf der Stelle tot. Mit ihm verlor Frankreich einen seinen führenden Intellektuellen im Alter von nur 46 Jahren.

Seinen literarischen Durchbruch hatte Albert Camus 1942, als er im von den deutschen besetzten Paris kurz nacheinander zwei Bücher veröffentlichen konnte: Den umfangreichen philosophischen Essay »Der Mythos vom Sisyphos« und den Roman »Der Fremde«. Der Held des in Algier spielenden Romans ist der kleine Angestellte Meursault, der gleich zu Anfang erfährt, dass seine Mutter in einem Altersheim verstorben ist. Mit der Teilnahme an ihrer Beerdigung beginnt die Beschreibung der letzten Lebensmonate Meursaults. Durch eine Reihe von Zufällen kommt es dazu, dass er auf dem berühmten Höhepunkt des Buches an einem einsamen Strand in einem Moment der Verwirrung einen ihm eigentlich unbekannten Araber erschießt. Er wird wegen Mordes angeklagt und schließlich zum Tode verurteilt. Angesichts der bevorstehenden Hinrichtung wandelt sich Meursaults Lebenseinstellung von einer weitgehenden Gleichgültigkeit in eine leidenschaftliche Bejahung des Lebens.

Mit »Der Fremde« lieferte Camus einen der zentralen Beiträge zum französischen Existentialismus, der bis heute eine mitreißende und kontroverse Lektüre garantiert.

Albert Camus: Der Fremde. Reinbek: Rowohlt, 61. Aufl. 2008. ISBN: 978-3-499-22189-7. Preis: € 6,95.

Verbrechen

Es kommt nicht häufig vor, dass ein Autor gleich mit seinem ersten Buch nicht nur einen Bestseller landet, sondern damit zugleich auch mit einem eigenen, markanten Stil an die Öffentlichkeit tritt. Ferdinand von Schirach (geb. 1964) ist hauptberuflich als Anwalt und Strafverteidiger in Berlin tätig und hat mit »Verbrechen« seinen ersten Band mit Erzählungen vorgelegt. Er enthält elf Kriminalfälle, die stets distanziert und sachlich aus der Sicht eines Strafverteidigers erzählt werden. Und diese Fälle haben es in sich:

Da wird zum Beispiel von dem Unbekannten erzählt, der auf einem Berliner Bahnhof von zwei Skinheads belästigt wird. Sie gehen allerdings mit ihrer Provokation einen entscheidenden Schritt zu weit – nur eine Minuten später liegen beide tot auf dem Bahnsteig, während der Unbekannte gelassen auf seine Verhaftung wartet. Da eindeutig in Fall von Notwehr vorliegt, muss die Polizei den Mann schließlich auf freien Fuß setzen, ohne sein Geheimnis lüften zu können. In der ganzen Erzählung sagt der Täter kein einziges Wort, auch nicht zu seinem Anwalt.

Oder es wird die Geschichte der drei Berliner Kleinkriminellen erzählt, die sich für einen Einbruch das falsche Opfer aussuchen und sich am Ende glücklich schätzen können, mit dem Leben davonzukommen.

Oder die Geschichte von Karim, der in seiner Familie als etwas zurückgeblieben angesehen wird, aber ein erfolgreiches Doppelleben führt und sich als schlauer erweist als der Apparat der Justiz.

Alle Fälle schildert von Schirach in einem einfachen, glasklaren und trainierten Stil. Die besten dieser Erzählungen enthalten keinen Satz, ja, kein Wort zu viel. Unbedingt lesenswert!

Ferdinand von Schirach: Verbrechen. München: Piper, 2009. ISBN: 978-3-492-05362-4. Preis: € 16,95.

Sieben Leben

Mit Ben Thomas (Will Smith) scheint irgendetwas nicht in Ordnung zu sein: Er ist als Außendienstmitarbeiter der US-amerikanischen Finanzbehörde IRS unterwegs, um Steuerschuldner aufzusuchen. Allerdings verhält er sich dabei für einen Steuerbeamten eher sehr merkwürdig. Als er etwa den Leiter eines Altenheims aufsucht, kümmert er sich weniger um dessen finanzielle Situation als vielmehr darum, ob er mit den Menschen in seinem Heim gut umgeht. Und der schwer herzkranken Schuldnerin Emily Posa (Rosario Dawson) bietet er von sich aus eine sechsmonatige Stundung ihrer Schuld an, ohne sie an irgendeine Bedingung zu knüpfen.

Je weiter die Geschichte fortschreitet, desto seltsamer agiert Ben: So erleben wir, wie er einem älteren Mann, der sich ehrenamtlich um junge Leute der Unterschicht kümmert, eine Niere spendet. Später spendet er Knochenmark für einen Jungen, den er zufällig im Krankenhaus Emilys kennengelernt hat. Und zwischen ihm und Emily entwickelt sich rasch eine Liebesgeschichte, in deren Verlauf wir erfahren, dass Ben tatsächlich ein hochqualifizierter Ingenieur ist, der offenbar ein Geheimnis aus seinem früheren Leben mit sich herumträgt …

Regisseur Gabriele Muccino, der bereits zuvor zusammen mit Will Smith einen Erfolg mit »Das Streben nach Glück« feiern konnte, hat mit »Sieben Leben« einen überraschenden und bewegenden Kinofilm der großen Gefühle geschaffen. Und sein Hauptdarsteller liefert in diesem Film die wohl beste Leistung seiner bisherigen Karriere ab.

»Sieben Leben«. USA, 2008. 1 DVD, Columbia Pictures. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 118 Minuten. Extras: Audiokommentar des Regisseurs; entfallene Szenen; Featurettes. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 10,–.

Kinder- und Hausmärchen

Am 16. Dezember 1859 starb in Berlin der jüngere des wohl berühmtesten Brüderpaars der deutschen Literatur: Wilhelm Grimm (1786–1859). Zusammen mit seinem Bruder Jacob (1785–1863) galt er als einer der wichtigsten Sprach- und Literaturwissenschaftler seiner Zeit. Er lehrte bis zu seinem Tod an der Berliner Universität und arbeitete zusammen mit seinem Bruder an einem »Deutschen Wörterbuch«, dessen letzte Einträge erst 1954 erscheinen sollten.

Ihre Popularität aber gewannen die Brüder Grimm durch ihre Sammlung der »Kinder- und Hausmärchen«, deren erster Band 1812 mit 86 Märchen erschien, dem drei Jahre später ein zweiter mit weiteren 72 Märchen folgte. Die Brüder erweiterten und überarbeiteten diese Sammlung in den Folgejahren immer wieder, so dass die 7. Auflage von 1857 schließlich 211 Märchen umfasste. Zum eigentlichen Bestseller wurde aber die sogenannte Kleine Ausgabe von 1825, die nur 50 Märchen enthielt.

Das Interesse sowohl der sammelnden Brüder als auch des Lesepublikums an Volksmärchen war schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden: Die jungen bürgerlichen Schriftsteller suchten damals nach unverbrauchten literarischen Formen und entdeckten die Volkspoesie: Bislang nur mündlich überlieferte Volkslieder, Balladen und Märchen wurden erstmals systematisch gesammelt und dem Druck übergeben.

Selbst wenn man meint, die meisten der Märchen bereits zu kennen, lohnt sich doch einmal ein Blick in eine vollständige Ausgabe, nicht nur der Erinnerungen wegen, die das weckt, sondern auch, weil dort sicher noch die eine oder andere überraschende Entdeckung zu machen ist.

Jakob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand. Stuttgart: Reclam, 2009. ISBN: 978-3-15-010724-9. Preis: € 19,90.

Die nächsten hundert Jahre

Der US-amerikanische Politologe George Friedman hat mit seinem neuen Buch kein kleines Wagnis unternommen: Er will – wenigstens in groben Zügen – den Verlauf des 21. Jahrhunderts voraussagen. Welchen Schwierigkeiten er sich dabei gegenübersieht, ist ihm klar, wie er gleich zu Anfang seines Buches deutlich macht. Er beschreibt den Verlauf des vergangenen Jahrhunderts in 20-Jahres-Schritten und zeigt damit, wie nahezu unmöglich es zu sein scheint, geschichtliche Entwicklungen vorauszusagen. Doch er lässt sich davon nicht abschrecken.

Niemanden wird es angesichts der jetzigen weltpolitischen Situation überraschen, dass Friedman das 21. Jahrhundert für das der USA erklärt. Als bedeutendsten Faktor hierfür sieht er deren Vorherrschaft auf den Weltmeeren an, die ihr langfristig ihre Vormachtstellung sichern wird. Spannender ist da schon, wen Friedman für die wichtigsten Gegner der USA im 21. Jahrhundert hält: Das ist zum einen Russland, das noch einmal versuchen wird, seinen Weltmachtstatus zurückzuerlangen. Und das sind zum anderen drei neue Mächte: Japan, die Türkei und Polen. China hält er, im Gegensatz zu vielen anderen Analytikern, für einen Riesen auf tönernen Füßen. Für die kommenden 100 Jahre sagt Friedman außerdem das Ende der Bevölkerungsexplosion und für die Mitte des Jahrhunderts noch einmal einen Weltkrieg voraus.

Solche Sandkastenspiele sind nun offenbar mit Blick auf das US-amerikanische Militär, den wichtigsten Arbeitgeber Friedmans, ersonnen, aber dennoch ist es faszinierend, ihm bei der Entwicklung seiner originellen Szenarien zu folgen.

George Friedman: Die nächsten hundert Jahre. Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. Frankfurt/M.: Campus Vlg., 2009. ISBN: 978-3-593-38930-1. Preis: € 22,90.

Portrait eines Planeten

Nach dem Tod seiner ersten Frau Lotti im Januar 1983 verfiel Friedrich Dürrenmatt in eine tiefe Depression. Wieder einmal traf er die Entscheidung, nicht mehr für das Theater zu schreiben, ja, er war sich nicht sicher, ob er überhaupt noch weiter schreiben wolle. Dann lernte er im September 1983 bei Maximilian Schell die Schauspielerin und Filmemacherin Charlotte Kerr kennen. Kerr beschreibt diese erste Begegnung, die für beide eine neue Phase der Kreativität einleitete, in ihrem Erinnerungsbuch »Die Frau im roten Mantel« (1992) und betont, dass ihr erster Gedanke gewesen sei, sie brauche sofort eine Kamera, um einen Film über diesen Mann zu beginnen.

Die Beziehung zwischen beiden vertieft sich über die nächsten Monate so rasch, dass sie Anfang Mai 1984 heiraten. Kurz zuvor hat Charlotte Kerr ein großes Filmportrait über Dürrenmatt abgeschlossen, das im Dezember 1984 im SDR zu Ehren des 65-jährigen Schriftstellers zum ersten Mal ausgestrahlt wird. Es handelt sich um insgesamt vier Stunden Filmmaterial, beinahe ausschließlich vom erzählenden Dürrenmatt gefüllt, der durch nur wenige Fragen der Filmemacherin zum Erzählen angeregt wird.

Im Jahr 2006 hat Charlotte Kerr die Dokumentation noch einmal für eine DVD-Veröffentlichung gesichtet und um gut 40 Minuten gekürzt. Entstanden ist so ein vorbildliches Portrait eines der wichtigen deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Es gibt wohl von keinem anderen Schriftsteller eine so umfassende filmische Selbstdarstellung.

Charlotte Kerr: Portrait eines Planeten – Friedrich Dürrenmatt (Neufassung 2006). 2 DVDs, Diogenes Verlag. Sprache: Deutsch. Länge: ca. 194 Minuten. FSK: ab 6 Jahren. ISBN: 978-3-257-95140-0. Preis: € 29,90.

Geschichte der Juden

Von Zeit zu Zeit lohnt es sich auch für erwachsene Leser einmal, einen Blick in ein Jugendbuch zu werfen. Lutz van Dijk (geb. 1955 in Berlin), ehemaliger Sonderschullehrer, hat zahlreiche Sachbücher für Jugendliche geschrieben, darunter auch eine Geschichte des jüdischen Volkes, die im vergangenen Jahr in einer dritten, aktualisierten Auflage erschienen ist. Folgt man dem jüdischen Selbstverständnis, das die Geschichte der Juden mit dem Stammvater Abraham anheben lässt, so hat das jüdische Volk mit seinem Alter von 4.000 Jahren die älteste ununterbrochene Kulturtradition der westlichen Hemisphäre.

Lutz van Dijk folgt dieser Geschichte von diesen babylonischen Anfängen an. Er erzählt die wichtigsten Episoden der historischen Entwicklung nach, wie sie sich im Alten Testament findet, und schließt eine Darstellung der historischen Ereignisse bis in die Gegenwart an. Er konzentriert sich dabei in den verschiedenen Epochen immer wieder auf einzelne Figuren, die er entweder in erfundenen Monologen oder aber auch mit ihren eigenen Schriften zu Wort kommen lässt. So berichtet einerseits etwa Abrahams Sklavin Hagar davon, wie sie die Mutter Ismaels wurde, oder Aaron erzählt, wie es zum Tanz um das goldene Kalb kam. Andererseits kommen zum Beispiel Anne Frank und Hanna Arendt in Zitaten zu Wort.

Der Kenner findet sicherlich das eine oder andere Detail, das er gern ausführlicher oder differenzierter dargestellt haben würde, aber allen Lesern, die eine gut geschriebene und alles im allem zuverlässige Einführung in das Thema suchen, kann dieses Jugendbuch ohne Einschränkung empfohlen werden.

Lutz van Dijk erzählt die Geschichte der Juden. Frankfurt/M.: Campus Vlg., 3. Aufl. 2008. ISBN: 978-3-593-38537-2. Preis: € 19,90. Dieses Buch kann in der Stadtbibliothek Solingen (Bergisch eMedien) auch als eBook ausgeliehen werden.