Der Zauberberg

Im Jahr 1912 besuchte der schon berühmte Schriftsteller Thomas Mann seine Frau Katja für drei Wochen in einem Sanatorium in Davos. Sowohl die brieflichen Schilderungen seiner Frau als auch seine eigenen Eindrücke wollte er anschließend zu einer humoristischen Novelle verarbeiten, die er im Jahr 1913 parallel zum Roman »Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull« zu schreiben begann. Aber wie so oft bei ihm gewann das neue Projekt während des Erzählens immer mehr an Umfang, so dass er sich im Jahr 1915, während des Ersten Weltkriegs, sogar genötigt fand, das Buch für etwa fünf Jahre ruhen zu lassen. Erst 1920 setze er die Arbeit fort; 1924 erschien dann der auf mehr als 1.000 Seiten angewachsene Roman.

Erzählt wird die Geschichte Hans Castorps, eines 23-jährigen, Hamburger Ingenieurs, der für drei Wochen nach Davos fährt, um dort seinen lungenkranken Vetter Joachim Ziemßen zu besuchen. Zuerst befremdet ihn die Gesellschaft der Kranken im Sanatorium Berghof, die wie in einer eigenen, abgetrennten Welt leben. Da es sonst nicht viel zu tun gibt und ihn das ungewohnte Klima angreift, nimmt er spaßeshalber am Kurbetrieb teil und gewöhnt sich so langsam ein. Und er verliebt sich in eine der Patientinnen, Clawdia Chauchat, eine junge Russin, die für seine Aufmerksamkeiten durchaus empfänglich zu sein scheint. Doch als er nach drei Wochen wieder abreisen soll, erkältet sich Hans Castorp und bekommt bei der Konsultation des Chefarztes Hofrat Behrens eine beunruhigende Diagnose gestellt: Die Erkältung sei nur ein Symptom für eine nie richtig ausgeheilte Lungenerkrankung, die es dringend zu behandeln gelte. So richtet sich der junge Mann auf einen längeren Aufenthalt ein …

Thomas Mann: Der Zauberberg. Fischer Taschenbuch 90124. ISBN: 978-3-596-90124-1. Preis: € 13,00.

Der Biber

Walter Black (Mel Gibson), Besitzer einer heruntergekommenen Spielwarenfirma, durchlebt eine Phase schwerer Depression. Er interessiert sich nicht mehr für seine Firma, kann sich auch tagsüber kaum wachhalten, trinkt zu viel Alkohol und wird schließlich von seiner Frau Meredith (Jodie Foster) aus dem Haus geworfen. Auf dem Weg ins Hotel liest Walter aus einem Müllcontainer eine Biber-Handpuppe auf. Und nachdem er in der Nacht vergeblich versucht hat, sich das Leben zu nehmen, wacht er am nächsten Morgen auf, und der Biber spricht mit und aus ihm. Mit diesem Tick schafft Walter es, sich zeitweilig aus seiner Depression zu befreien: Er spricht beinahe ausschließlich durch die Puppe und lässt alle seine Mitmenschen nur noch mit dem Biber reden. Allerdings ist diese »Lösung« nicht stabil und Walters Lage verschärft sich von Tag zu Tag.

Parallel dazu erzählt der Film die Geschichte von Walters Sohn Porter (Anton Yelchin), der an seiner Schule sein Taschengeld aufbessert, indem er seinen Mitschülern Referate und Hausarbeiten schreibt. Einen besonderen Auftrag bekommt er von Norah (Jennifer Lawrence), der Spitzenschülerin seines Jahrgangs, die die Rede für die Abschlussfeier von ihm geschrieben haben will. Sehr rasch wird klar, dass Norah und Porter auch darüber hinaus an einander interessiert sind. Doch dann lernt Norah Porters Vater kennen …

Jodie Foster hat mit ihrem dritten Kino-Film als Regisseurin ein außergewöhnliches Drehbuch verfilmt, das eine eigenwillige Familiengeschichte erzählt. Besonders wegen der schauspielerischen Leistungen unbedingt sehenswert!

»Der Biber«. USA, VAE 2011. 1 DVD, Concorde. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 87 Minuten. Extras: Audio-Kommentar der Regisseurin, Making-of. FSK: ab 6 Jahren. Preis: ca. € 13,–.

Alles, was wir geben mussten

Kathy, Ruth und Tommy wachsen Ende der 70-er Jahren als Waisen in einem ländlich gelegenen Kinderheim in England auf. Ihre Kindheit von Armut und Disziplin geprägt, aber abgesehen davon scheinen sie nicht wirklich unglücklich zu sein. Zwischen Kathy und Tommy entwickelt sich eine Freundschaft, aber Ruth, ängstlich allein gelassen zu werden, drängt sich in diese Freundschaft hinein, und in der Pubertät beginnt sie eine Beziehung mit Tommy, die Kathy isoliert zurücklässt.

Doch das ist nicht das wahre Drama dieser Kindheit: Wie die Kinder und die Zuschauer erst peu à peu erfahren, ist das Kinderheim kein gewöhnliches und seine Bewohner sind keine gewöhnlichen Kinder. Sie sind alle geklont worden, und ihr kurzes Leben dient einzig dem Zweck, anderen als Organspender zur Verfügung zu stehen. So erleben sie eine kurze Jugend auf dem Land, bevor sie alt genug sind, um dann in wenigen Jahren in einigen rasch aufeinander folgenden Operationen »geerntet« zu werden.

Kathy arbeitet in dieser Zeit als Betreuerin für andere ihrer Leidensgefährten und findet in dieser Zeit zuerst Ruth und dann auch Tommy wieder. Endlich können die beiden ihre Liebe zueinander leben …

Regisseur Mark Romanek (»One Hour Photo«) hat den Bestseller von Kazuo Ishiguro mit einer wundervollen Besetzung (Keira Knightley, Carey Mulligan und Andrew Garfield) in einen berührenden, zutiefst traurigen Film verwandelt, der auf jede Aufgeregtheit verzichtet und die Gefahr einer möglichen neuen Sklaverei zum Wohle der Menschheit in all ihrer Unmenschlichkeit darstellt. Sehenswert!

»Alles, was wir geben mussten«. UK/USA, 2010. 1 DVD, 20th Century Fox. Sprachen: Deutsch, Englisch, Italienisch. Länge: ca. 99 Minuten. Extras: Making-of, Stills. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 14,–.

Montauk

Am 15. Mai jährte sich der Geburtstag des Schweizer Autors Max Frisch zum 100. Mal. Zusammen mit seinem zehn Jahre jüngeren Kollegen Friedrich Dürrenmatt galt Frisch ab Mitte der 50er Jahre als Hauptvertreter einer kritischen und modernen Schweizer Literatur. Er wurde ab Mitte der 50-er Jahre zu einem der weltweit bekanntesten Vertreter deutschsprachiger Literatur. Mit seinem Roman »Homo Faber« aus dem Jahr 1957 ist er bis heute im Kanon der Schullektüre vertreten.

Dabei hatte seine berufliche Laufbahn ganz anders begonnen: Nach dem unerwarteten Tod des Vaters brach er ein Germanistik-Studium ab und wandte sich der Architektur als Brotberuf zu. Als noch junger Architekt gewann er einen Wettbewerb um den Bau eines Freibades und machte sich daraufhin selbstständig. Doch seine Liebe zur Literatur und zum Schreiben ließen ihn nicht los. Als er 1954 mit dem Roman »Stiller« einen europaweiten Erfolg hat, verkauft er seine Firma, um freier Schriftsteller zu werden.

Die umfangreiche Erzählung »Montauk« (1975) hat ihren Namen von einem kleinen Ort an der nördlichen Spitze von Long Island. Dort machen der Erzähler, der unverkennbar autobiographische Züge seines Autors trägt, und seine deutlich jüngere Geliebte Lynn – Frisch hatte ihr Vorbild im Mai 1974 anlässlich eines Interviews mit ihm kennengelernt – einen Wochenendurlaub. Diese verspätete und nicht einfache Liebe ist für Max Frisch Anlass, sich noch einmal mit seinem Lebensweg, seiner Rolle als Mann und seinen Partnerinnen auseinanderzusetzen. Max Frisch wollte mit »Montauk« ein wahrhaftiges Buch schreiben; es ist zumindest sein persönlichsten geworden, weit entfernt von den manchmal waghalsigen Konstruktionen seiner früheren Romane.

Max Frisch: Montauk. Eine Erzählung. Suhrkamp Taschenbuch 4237. ISBN: 978-3-518-46237-9. Preis: 7,95 €.

Engel im Schnee

Arthur Parkinson (Michael Angarano) geht noch zur Highschool, verdient sich nebenbei in einem China-Restaurant etwas Geld und spielt Posaune im Schulorchester. Innerhalb weniger Wochen ändert sich sein Leben dramatisch: Er lernt an seiner Schule eine neue Mitschülerin, Lila Raybern (Olivia Thirlby), kennen und verliebt sich zum ersten Mal. Auch Lila ist dem eher schüchternen und zurückhaltenden Jungen offensichtlich zugetan. Gleichzeitig trennen sich Arthurs Eltern, da sein Vater eine Affäre mit einer jüngeren Frau hat. Es ist nicht die einzige Affäre in Arthurs Umgebung: Auch seine Kollegin im China-Restaurant Annie (Kate Beckinsale), die vor Jahren als Babysitterin auf ihn aufgepasst hat und jetzt mit ihrer kleinen Tochter Tara allein lebt, hat eine Beziehung zum Mann ihrer besten Freundin. Sie muss sich zudem ständig gegen die Nachstellung ihres Ex-Manns Glenn (Sam Rockwell) wehren.

Diese ohnehin angespannte Lage spitzt sich zu, als die kleine Tara eines Tages aus dem Haus läuft, während ihre Mutter schläft, und spurlos verschwindet. Nach einigen Stunden bildet man aus den Schülern der Highschool Suchteams, und es ist ausgerechnet Arthur, der die Leiche des kleinen Mädchens in einem See entdeckt. Der Tod des Kindes trifft nicht nur Annie tief, sondern wirft auch Glenn, der psychisch sehr labil zu sein scheint und nach der Scheidung versucht hat, sich umzubringen, vollständig aus der Bahn. Er beginnt wieder zu trinken und verliert von Tag zu Tag mehr seine Selbstkontrolle.

Regisseur David Gordon Green hat die Romanvorlage Stewart O’Nans vor der winterlichen Kulisse einer amerikanischen Kleinstadt in eindrucksvolle Bilder umgesetzt.

»Engel im Schnee«. USA, 2007. 1 DVD, Warner Brothers. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 103 Minuten. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 8,–.

Die Wahlverwandtschaften

Eduard und Charlotte sind ein adeliges Ehepaar, das erst spät im Leben zueinander gefunden hat: Beide hatten sich zwar schon als junge Leute kennen und schätzen gelernt, aber erst nachdem sie in erster Ehe anderweitig verheiratet waren, erlauben es ihnen die Umstände, einander zu heiraten. Nun leben sie zurückgezogen auf einem Landgut und genießen ihre Zweisamkeit. Während Eduard den Obst- und Blumengarten pflegt, gestaltet Charlotte den Park um, der zum Gut gehört.

Die Erzählung setzt ein, als die traute Zweisamkeit der beiden gestört werden soll: Eduards Jugendfreund, ein Hauptmann mit breiten wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen, der auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung ist, soll zu Besuch kommen; und auch Charlotte wünscht sich, dass ihre Nichte Ottilie, die zusammen mit Charlottes Tochter in einer Pension erzogen wird, eine Zeit lang bei ihr leben soll.

Noch bevor Ottilie auf dem Gut eintrifft, erzählt der Hauptmann von den chemischen Wahlverwandtschaften, also von chemischen Elementen, die, miteinander in Kontakt gebracht, sich aus ihrer alten Verbindung lösen und spontan neue Kombinationen bilden. So hat auch die Begegnung des Ehepaars Eduard und Charlotte mit dem Hauptmann und Ottilie gravierende Auswirkungen …

»Die Wahlverwandtschaften«, erschienen 1809, sind Goethes modernster und provozierendster Roman; die in ihm geäußerten Ansichten zur Ehe wurden von vielen Zeitgenossen als empörend und unmoralisch empfunden. Dieser Kritik stand schon zu Goethes Lebzeiten hohes Lob von Kollegen und Kritikern gegenüber. Der Roman ist auch heute noch eine anregende Lektüre.

Johann Wolfgang von Goethe: Die Wahlverwandtschaften. Reclam UB 7835. ISBN: 978-3-15-007835-8. Preis: € 5,60.

Die Einsamkeit der Primzahlen

Alice hasst es, früh aufstehen und an einem Skikurs teilnehmen zu müssen, zu dem ihr Vater sie angemeldet hat. Und als ihr dann auf dem Berg auch noch ein kleines Malheur passiert, trennt sie sich von der Gruppe, um allein ins Tal abzufahren. Es kommt, wie es kommen muss: Sie verunglückt und behält von dem Unfall eine Behinderung zurück. Und als sei das nicht schlimm genug, wird sie auch noch magersüchtig.

Mattia ist ein Zwilling, doch er und seine Schwester sind ein höchst ungleiches Paar: Während er hochbegabt ist, bleibt seine lernbehinderte Schwester Michela immer mehr zurück. Mattia ist ein Außenseiter, nicht nur wegen seiner guten Noten, sondern auch, weil er wegen seiner Schwester gehänselt wird. Als er eines Tages dennoch zu einem Kindergeburtstag eingeladen wird, lässt er auf dem Weg dorthin seine ihm peinliche Schwester in einem Park zurück; als er von der Feier zurückkommt, ist Michela spurlos verschwunden.

Als sich Alice und Mattia auf dem Gymnasium kennenlernen, schließen sie bald Freundschaft miteinander. Beide empfinden mehr füreinander, aber keiner wagt es, einen Schritt über ihre Freundschaft hinaus zu tun. Mattia studiert mit großem Erfolg Mathematik, Alice wird Fotografin. Als Mattia sein Studium abgeschlossen hat, bekommt er die Chance, an eine Uni in den USA zu wechseln. Genau zu dieser Zeit lernt Alice einen jungen Arzt kennen, der sie heiraten will. Doch ist damit die Geschichte von Alice und Mattia noch nicht an ihrem Ende angekommen …

Der junge italienischen Autor Paolo Giordano hat mit » Die Einsamkeit der Primzahlen« ein höchst erfolgreiches Romandebut vorgelegt.

Paolo Giordano: Die Einsamkeit der Primzahlen. Aus dem Italienischen von Bruno Genzler. Heyne Taschenbuch 40801. ISBN: 978-3-453-40801-2. Preis: € 8,99.

Wonderboys

Professor Grady Tripp (Michael Douglas) befindet sich in einer Krise: Gerade am Morgen hat ihn seine Frau verlassen, er muss sich um das Literaturfestival kümmern, das am selben Tag an seiner Universität beginnt, sein Lektor Terry (Robert Downey Jr.) kommt in die Stadt, um sich dringlich nach dem Stand von Gradys Roman zu erkundigen, an dem der bereits seit sieben Jahren schreibt, und um die Lage abzurunden, teilt ihm seine verheiratete Geliebte Sara (Frances McDormand), die zugleich die Rektorin seiner Universität ist, mit, dass sie schwanger von ihm ist. Doch bringt ihn das alles noch nicht wirklich aus dem Gleichgewicht, da er sich durch den Konsum bestimmter Hanfprodukte eine grundlegende Gelassenheit verschafft.

Doch wirklich abenteuerlich wird es, als er am Abend bei einer Party in Saras Haus seinen schriftstellerisch hoch begabten Studenten James (Tobey Maguire) trifft. Als er merkt, dass James ein Film-Enthusiast ist, zeigt er im heimlich eines der Sammlerstücke von Saras Mann: die Jacke, die Marylin Monroe bei ihrer Hochzeit mit Joe DiMaggio getragen hat. Als sie sich aus dem Haus schleichen wollen, wird Grady von Saras Hund angefallen, den James daraufhin erschießt.Der Versuch, all dies zu vertuschen, ist Auftakt zu einem chaotischen Wochenende, an dessen Ende nichts mehr so ist wie zuvor und doch alles wieder in Ordnung.

Regisseur Curtis Hanson hat mit einer hochklassigen Besetzung nach der Romanvorlage von Michael Chabon eine witzige und immer wieder überraschende Komödie gedreht. Besonders Michael Douglas glänzt in einer für ihn ungewöhnlichen Rolle.

»Die Wonderboys«. USA, 2000. 1 DVD, Concorde. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 118 Minuten. Extras: Regiekommentar, Produktionsnotizen, Featurette. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 8,–.

Adam

Wir lernen Adam Raki (Hugh Dancy) auf der Beerdigung seines Vaters kennen. Auf Anhieb kommt einem der junge Mann etwas verloren vor, und dieser Eindruck verstärkt sich von Minute zu Minute. Adam isst jeden Tag die gleichen Mahlzeiten und arbeitet in einer kleinen Spielzeugfabrik, für die er Prototypen elektronischer Puppen entwickelt. In seiner Freizeit surft er im Internet und interessiert sich hauptsächlich für Astronomie. Freunde scheint Adam keine zu haben bis auf Harlan (Frankie Faison), einen Kriegskameraden seines Vaters, der sich ein wenig um ihn kümmert.

Doch in Adams Leben stehen dramatische Veränderungen bevor: Zum einen bekommt er eine neue Nachbarin, Beth Buchwald (Rose Byrne), eine junge Kinderbuchautorin. Sie findet Adam sofort sympathisch, und da sie sich gerade von ihrem Freund getrennt hat, lernen sich die beiden rasch näher kennen. Zur gleichen Zeit verliert Adam seinen Job und muss sich nach einer neuen Arbeitsstelle umschauen. Für den menschenscheuen und weltfremden Adam ist das eine fast nicht zu bewältigende Aufgabe. Doch Harlan und Beth lassen ihn nicht im Stich …

Regisseur und Autor Max Mayer erzählt in seinem zweiten Spielfilm eine stille Liebesgeschichte, in deren Zentrum ein junger Mann mit Asperger-Syndrom, einer autistischen Erkrankung, steht. Die Darstellung dieser Erkrankung kommt dabei aufgrund der schauspielerischen Leistung des Hauptdarstellers weitgehend ohne Klischees aus. Ein witziger und einfühlsamer Film.

»Adam«. USA, 2009. 1 DVD, 20th Century Fox. Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch. Länge: ca. 95 Minuten. Extras: Audiokommentar des Regisseurs; Making-of; geschnittene Szenen u. alternatives Ende. FSK: ab 6 Jahren. Preis: ca. € 13,–.

Irrungen, Wirrungen

Theodor Fontane hat erst spät in seinem Leben begonnen, Romane zu schreiben. Er war längst ein bekannter Journalist und Theaterkritiker, Lyriker und Reiseschriftsteller als 1878 – Fontane war schon beinahe 60 – mit »Vor dem Sturm« sein etwas umständlich erzählter erster Roman erschien. Trotz den kleinen Fehlern seines Erstlings lieferte Fontane von da an beinahe jährlich einen neuen, erfolgreichen Roman.

»Irrungen, Wirrungen«, zehn Jahre nach »Vor dem Sturm« erschienen, erzählt die Geschichte der Liebe zwischen Baron Botho von Rienäcker und dem Schneidermädchen Lene Nimptsch. Das Thema war damals nicht ungewöhnlich; besonders die Trivialliteratur war voll von solchen Geschichten, die oft nach dem Motto endeten: Amor vincit omnia – die Liebe siegt über alles.

Bei Fontane geht es dagegen realistischer zu: Schon ein erster Ausflug nach Hankels Ablage im Süden Berlins macht den beiden Liebenden deutlich, dass es ein großer Unterschied ist, ob sie nur zu zweit sind oder ob sie sich gemeinsam in Gesellschaft bewegen müssen. Hinzukommt, dass Botho beinahe schon verlobt ist und durch die Mitgift seiner Familie finanziell auf die Beine helfen könnte. So heiratet Botho schließlich vernunft- und standesgemäß, und auch Lene findet am Ende einen zu ihr passenden Mann. Doch Botho braucht lange, bis er mit seinen Gefühlen zu Lene abschließen kann …

Der Roman hat bei seinem Erscheinen einen Skandal ausgelöst. Besonders dass Fontane seine beiden Hauptfiguren während des Ausflugs gemeinsam in einem Zimmer übernachten lässt, führte zu heftigen Reaktionen; sogar als »gräßliche Hurengeschichte« ist der harmlose, kleine Roman damals beschimpft worden.

Theodor Fontane: Irrungen, Wirrungen. Reclam UB 18741. ISBN: 978-3-15-018741-8. Preis: € 3,60.