Der Anschlag

Jake Epping ist ein etwa 30 Jahre alter Englischlehrer in einer US-amerikanischen Kleinstadt. Er ist locker bekannt mit Al, dem Besitzer eines kleinen Restaurants, der ihn eines Tages in das Geheimnis seiner ebenso preiswerten wie kalorienreichen Hamburger einweiht: Im Hinterraum seines Restaurants existiert eine unsichtbare Treppe, die nicht nur einige Stufen hinunter, sondern auch zurück in das Jahr 1958 führt. Dort hat Al über viele Jahre hinweg sein Fleisch preiswert eingekauft, bis ihm der Gedanke gekommen ist, dass man diesen Weg in die Vergangenheit auch zu Wichtigerem als zum Einkaufen nutzen könnte. So hat Al den Plan gefasst, das Attentat auf John F. Kennedy zu verhindern und die amerikanische Geschichte zum Besseren zu wenden. Leider ist er aber schwer an Krebs erkrankt und vererbt seinen ambitionierten Plan deshalb an Jake Epping, der die Aufgabe nach einigem Zögern übernimmt. Jake begibt sich zurück ins Jahr 1958 und lebt dort die gut fünf Jahre bis zum 22. November 1963, dem Tag, an dem er Lee Harvey Oswald daran hindern will, Kennedy zu ermorden.

Stephen King wollte diesen Roman bereits in den 70-er Jahren schreiben, fühlte sich jedoch damals von der aufwendigen Recherche-Arbeit überfordert. Nun hat er das alte Projekt endlich realisieren können. Er nutzt diese phantastische Geschichte zu einem breit angelegten Portrait der USA der späten 50-er, frühen 60-er Jahre, die im Gegensatz zur Gegenwart alles in allem als eine noch heile Welt erscheinen.

So entstand eine überraschende Mischung: einerseits ein typischer King, andererseits ein historischer Roman aus der jüngsten Vergangenheit.

Stephen King: Der Anschlag. München: Heyne, 2012. ISBN: 978-3-453-26754-1. Preis: € 26,99.

Der Zauberberg

Im Jahr 1912 besuchte der schon berühmte Schriftsteller Thomas Mann seine Frau Katja für drei Wochen in einem Sanatorium in Davos. Sowohl die brieflichen Schilderungen seiner Frau als auch seine eigenen Eindrücke wollte er anschließend zu einer humoristischen Novelle verarbeiten, die er im Jahr 1913 parallel zum Roman »Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull« zu schreiben begann. Aber wie so oft bei ihm gewann das neue Projekt während des Erzählens immer mehr an Umfang, so dass er sich im Jahr 1915, während des Ersten Weltkriegs, sogar genötigt fand, das Buch für etwa fünf Jahre ruhen zu lassen. Erst 1920 setze er die Arbeit fort; 1924 erschien dann der auf mehr als 1.000 Seiten angewachsene Roman.

Erzählt wird die Geschichte Hans Castorps, eines 23-jährigen, Hamburger Ingenieurs, der für drei Wochen nach Davos fährt, um dort seinen lungenkranken Vetter Joachim Ziemßen zu besuchen. Zuerst befremdet ihn die Gesellschaft der Kranken im Sanatorium Berghof, die wie in einer eigenen, abgetrennten Welt leben. Da es sonst nicht viel zu tun gibt und ihn das ungewohnte Klima angreift, nimmt er spaßeshalber am Kurbetrieb teil und gewöhnt sich so langsam ein. Und er verliebt sich in eine der Patientinnen, Clawdia Chauchat, eine junge Russin, die für seine Aufmerksamkeiten durchaus empfänglich zu sein scheint. Doch als er nach drei Wochen wieder abreisen soll, erkältet sich Hans Castorp und bekommt bei der Konsultation des Chefarztes Hofrat Behrens eine beunruhigende Diagnose gestellt: Die Erkältung sei nur ein Symptom für eine nie richtig ausgeheilte Lungenerkrankung, die es dringend zu behandeln gelte. So richtet sich der junge Mann auf einen längeren Aufenthalt ein …

Thomas Mann: Der Zauberberg. Fischer Taschenbuch 90124. ISBN: 978-3-596-90124-1. Preis: € 13,00.

Abgelegene Inseln

Schon seit der Antike beflügeln kleine, einsam weit draußen im Meer liegende Inseln die Phantasie der Menschen. Sie sind entweder paradiesischer Zufluchtsort, nach dem sich der Zivilisationsmüde sehnt, oder Rettung für den Schiffsbrüchigen, der auf ihr wie Robinson Crusoe zwar sein Leben erhält, sich aber wie aus einem Gefängnis heraus zurück in die Gesellschaft der Menschen sehnt. Die Wirklichkeit jener abgelegenen Inseln sieht aber in den meisten Fällen ganz anders aus als unsere Phantasien.

Kennen Sie zum Beispiel Pitcairn Island? Ein winziges Eiland im Pazifischen Ozean, von Europäern erstmals 1767 entdeckt und mehr als 2.000 km sowohl von den Osterinseln als auch von Tahiti entfernt. Pitcairn ist nur 4,5 km² groß und hat heute 48 Bewohner. Die Insel wurde im Januar 1790 von den Meuterern der Bounty besiedelt, die hier ein ideales Versteck fanden, da die Lage der Insel auf den britischen Seekarten falsch verzeichnet war.

Oder St. Helena im Atlantik: Hier hat Napoleon seine letzten Tage verbracht, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Elba entschieden zu nah am europäischen Festland liegt, um den machthungrigen Korsen dauerhaft sicherzustellen.

Oder Pingelap im Pazifik, auf der alle 250 Bewohner farbenblind sind, weil im 18. Jahrhundert ein Taifun die Bevölkerung auf weniger als 20 Personen reduzierte.

Die Greifswalder Autorin Judith Schalansky hat fünfzig dieser Eilande in einem Atlas versammelt. Von jeder Insel hat sie eine Zeichnung angefertigt und zu jeder weiß sie eine kleine Geschichte zu erzählen. Ein Buch zum Entdecken, Träumen und Erstaunen.

Judith Schalansky: Taschenatlas der abgelegenen Inseln. Fischer Taschenbuch 19012. ISBN: 978-3-596-19012-6. Preis: € 14,99.

Vom geglückten Leben

Als »stoisch« bezeichnen wir eine Person von unerschütterlicher Gelassenheit. Der Begriff geht auf die Gründung einer philosophischen Schule in einer Säulenhalle (Stoa) des Athener Marktplatzes um 300 v. Chr. zurück. Ihr erster Lehrer war Zenon von Kition, der mit ihr eine der einflussreichsten Strömungen der antiken Philosophie begründete. Sie wirkte ungebrochen bis in die Spätantike fort und wurde vom aufkommenden Christentum in wesentlichen Zügen adaptiert.

Einer der späten Philosophen der Stoa war Epiktet. Er wurde um 50 n. Chr. in Hierapolis in der heutigen Türkei geboren und kam als Sklave nach Rom, wo er die stoische Philosophie kennenlernte. Später gründete er eine philosophische Schule in Nikopolis an der Nordostküste Griechenlands. Epiktet selbst hat keine Schriften hinterlassen; wir kennen seine Lehre nur aus den Aufzeichnungen seines Schülers Arrian.

»Das Buch vom geglückten Leben«, auch bekannt unter dem Titel »Handbüchlein der Moral«, enthält eine kurze Zusammenfassung der Philosophie Epiktets. Im Zentrum steht die Unterscheidung zwischen jenen Umständen, die wir selbst beeinflussen können und jenen, über die wir keine Macht haben. Aus der Erkenntnis, dass jede Situation von Bedingungen abhängt, die nicht unserem Wollen unterliegen, entwickelt Epiktet eine Lehre der inneren Gelassenheit und Selbstbeherrschung, die er für die notwendige Grundlage jedes geglückten Lebens hält: Glücklich sind nur jene, die ihre Ziele und ihr Wollen an der Einsicht in die tatsächliche Lage der Dinge orientieren können.

Das kleine Büchlein ist auch nach fast 2.000 Jahren immer noch eine bereichernde Lektüre.

Epiktet: Das Buch vom geglückten Leben. Übersetzt von Carl Conz. dtv Taschenbuch 34243. ISBN: 978-3-423-34243-8. Preis: € 7,– .

Haus Bellomont

Lily Bart ist eine junge Frau, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in der Gesellschaft der Oberen Zehntausend New Yorks lebt. Ihre beiden Eltern sind schon verstorben und haben sie mit nur einem kleinen Erbe zurückgelassen. Lily lebt bei einer Tante, die sie unterstützt, bis Lily das Ziel aller junger Frauen ihrer Gesellschaftsschicht erreicht hat: einen reichen Ehemann zu erobern. Ihre Voraussetzungen dafür sind ausgezeichnet, denn Lily ist von außerordentlicher Schönheit. Doch ist sie auch ein wenig leichtsinnig und steht sich damit selbst im Weg. Als sie Gelegenheit hat, einen hervorragenden Heiratskandidaten einzuwickeln, vertreibt sie sich die Zeit lieber mit einem Flirt mit dem Rechtsanwalt Lawrence Selden, in den sie zwar verliebt ist, der für sie aber aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse als Ehemann nicht in Frage kommt.

Und auch sonst lässt sich Lily auf Abenteuer ein: Sie leiht sich Geld vom Ehemann einer ihrer Freundinnen, ist allerdings des Glaubens, dieser habe mit ihrem eigenen Geld an der Börse spekuliert und zahle ihr nur den Gewinn aus. Als ihr Gönner für seine Geldgeschenke handfeste Gegenleistungen erwartet, verweigert sich Lily ihm voller Entsetzen. Das ist der Anfang ihres gesellschaftlichen Untergangs …

Die US-amerikanische Autorin Edith Wharton (1862–1937), die es in Deutschland nie zu wirklicher Bekanntschaft gebracht hat, obwohl zahlreiche ihrer Romane übersetzt wurden, hatte mit »Haus Bellomont« 1905 ihren ersten Erfolg. Ihr präzises und ironisches Porträt des nordamerikanischen Geldadels ist noch heute vergnüglich zu lesen und war Anregung für Autoren wie F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway.

Edith Wharton: Haus Bellomont. Heyne Taschenbuch 20057. ISBN: 3-453-18873-X. Derzeit nicht lieferbar.

Bram Stokers Dracula

Seit mehr als 100 Jahren spuken in immer neuen Variationen sich von Blut nährende Untote durch die westliche Kultur. Der Vampir ist aber nicht nur eine Verkörperung menschlicher Todesangst, sondern auch eine Figur der Tragik: Dem ewigen Leben als Untoter ausgeliefert, sehnt er sich zugleich nach der Wärme des Lebens, das er nur zu zerstören vermag, und nach der Ruhe des Grabes, die ihm verwehrt ist. Diese schlichte Ambivalenz des Mythos ermöglicht es, die Geschichte vom Vampir immer wieder neu zu erfinden.

Trotz der Popularität des Stoffs dürften nur wenige den umfangreichen Roman Bram Stokers (1847–1912) kennen, der zum Vorbild aller Dracula-Geschichten wurde. Erzählt wird die Geschichte des jungen Rechtsanwaltes Jonathan Harker, der von seiner Kanzlei nach Transilvanien geschickt wird, da Graf Dracula am Erwerb einiger Londoner Häuser interessiert ist. Auf dem einsam gelegenen Schloss des Grafen lebt Jonathan wie ein Gefangener und erkennt mehr und mehr die unmenschliche Natur seines Gastgebers. Als er endlich fliehen kann, ist der Graf bereits in London eingetroffen, wo er unter den weiblichen Bekannten Harkers beginnt, sein Unwesen zu treiben. Nur der Arzt und Spiritist van Helsing erkennt die Gefahr und beginnt eine Jagd auf das Ungeheuer …

Die Faszination des Romans entsteht in der Hauptsache aus seiner Erzähltechnik: Stoker erzählt die Geschichte der Unheimlichen aus den wechselnden Perspektiven lauter vernünftiger und sittsamer englischer Bürger, in deren Leben plötzlich Irrationalität und Chaos einbrechen. Stokers Buch trifft damit auch heute noch den Nerv unseres Unbehagens in der gedeuteten Welt.

Bram Stoker: Dracula. Berlin: Insel, 2011. ISBN: 978-3-458-36215-9. Preis: € 7,95.

Der Hals der Giraffe

Der Hals der Giraffe ist eines der erstaunlichen Beispiele für die Anpassung einer biologischen Art an ihre Lebenswelt. Er umfasst bekanntlich exakt dieselbe Anzahl von Wirbeln wie der des Menschen. Die Vorfahren der Giraffen waren Waldbewohner und glichen dem Okapi. Als die Art gezwungen war, ihr Leben in der afrikanischen Savanne zu bestreiten, wichen sie der Konkurrenz mit den dort lebenden Grasfressern aus, indem sie sich auf die Blätter der Bäume spezialisierten. Von Generation zu Generationen waren jene Exemplare erfolgreicher, die einen längeren Hals hatten, bis schließlich das heutige Wundertier entstand.

Die junge, aus Greifswald stammende Autorin Judith Schalansky (geb. 1980) legt mit ihrem Roman »Der Hals der Giraffe« einen der dichtesten Romane der letzten Jahre vor. Erzählt wird die Geschichte der Biologie- und Sportlehrerin Inge Lohmark, die in einer kleinen Kreisstadt in Vorpommern an einem Gymnasium unterrichtet. Die Schule steht vor der Schließung, weil einfach nicht mehr genug Kinder da sind. Die 9. Klasse, die Lohmark unterrichtet, wird die letzte sein, die an dieser Schule Abitur macht. Inge Lohmark ist 55 Jahre alt, in der DDR aufgewachsen und dort ausgebildet worden und sieht nun ihrem vorzeitigen Ruhestand entgegen. Sie verachtet ihre Schüler und Kollegen, hat sich mit ihrem Mann auseinandergelebt, und auch ihre Tochter will nichts mehr von der Mutter wissen. Auf nur 220 Seiten erschafft Schalansky das Porträt einer Gescheiterten, die sich in ihrer Verbitterung in eine darwinistische Ideologie flüchtet und dennoch ihre Gefühle nie ganz unter Kontrolle halten kann.

Unbedingt lesenswert!

Judith Schalansky: Der Hals der Giraffe. Bildungsroman. Berlin: Suhrkamp, 2011. ISBN: 978-3-518-42177-2. Preis: € 21,90.

Mehr von Träumenden Büchern

Im Jahr 2004 erschien Walter Moers bislang bester und erfolgreichster Zamonien-Roman »Die Stadt der Träumenden Bücher«. Zamonien ist ein fantastisches Reich voller Fabelwesen und sein berühmtester Autor ist der Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz, der in diesem Roman die Geschichte des ersten großen Abenteuers seiner Jugend erzählte: Wie er, von einem zufälligen Brieffund neugierig gemacht, nach Buchhaim, der Stadt der Träumenden Bücher, reiste und dort in dem riesigen unterirdischen Labyrinth in den Besitz des Orms, der geheimnisvollen Dichtermacht Zamoniens kam. Dabei begegnete er den Bücherjägern, räuberischen Abenteurern, die aus dem Labyrinth unter Lebensgefahr rare und wertvolle Bücher an die Oberfläche bringen, und den Buchlingen, kleinen, einäugigen Wesen, die ihr ganzes Leben dem Werk eines Dichters widmen.

Nun ist nach sieben Jahren endlich die lang erwartete Fortsetzung dieser Geschichte erschienen. Der inzwischen deutlich gealterte Mythenmetz begibt sich abermals in die Bücherstadt auf der Suche nach dem tot geglaubten Schattenkönig. Er findet Buchhaim deutlich verändert vor, aber im Kern der alten Stadt lebt die alte Buchkultur noch weiter. Und entgegen all seinen Vorsätzen verschlägt es ihn dann doch wieder ins Labyrinth der Träumenden Bücher …

Der neue Zamonien-Roman ist der zweite Teil einer Trilogie, und Moers wird seine Leser noch zwei Jahre warten lassen, bis sie erfahren, wie sich das Schicksal seines Lindwurm-Helden weiter entwickeln wird. Ein Buch, das eingefleischte Moers-Fans gefangen nehmen wird.

Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher. Ein Roman aus Zamonien von Hildegunst von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen übertragen und illustriert von Walter Moers. München: Knaus, 2011. ISBN: 978-3-8135-0393-7. Preis: € 24,99.

Per Anhalter durch die Galaxis

Als Arthur Dent, ein durchschnittlicher englischer Bürger, eines Morgens aufwacht, findet er sein Haus umstellt von Baumaschinen. Es ist geplant, eine Umgehungsstraße durch sein Haus zu bauen, und weil Arthur von dem Einfall nicht angetan ist, legt er sich erst einmal provisorisch vor den nächsten Bagger. Allerdings bleibt er dort nicht lange liegen, denn sein bester Freund, der auf den etwas merkwürdigen Namen Ford Prefect hört, überredet ihn, rasch die nächste Kneipe aufzusuchen, wo er ihm eröffnet, dass die Zerstörung der Erde unmittelbar bevorsteht, da auch sie Platz für eine Umgehungsstraße machen soll. Ford weiß das, weil er nicht, wie Arthur annimmt, aus Islington stammt, sondern von einem Planeten in der Nähe des Sterns Beteigeuze. Er ist auf der Erde, um für die erfolgreichste galaktische Publikation zu recherchieren, den Reiseführer »Per Anhalter durch die Galaxis«. Und da Arthur ihm einst das Leben gerettet hat, revanchiert er sich jetzt: Er nimmt Arthur mit, als er sich als blinder Passagier auf eines der Raumschiffe der Vogonen schleicht, die gekommen sind, um die Erde aus dem Weg zu räumen. Damit beginnt für Arthur eine phantastische Reise in die Weiten der Milchstraße.

Als Douglas Adams erster Roman seiner letzlich fünfbändigen »Anhalter«-Reihe 1979 erschien, war Arthur Dent in England bereits eine Berühmtheit. Die BBC hatte 1978 eine Hörspielreihe von Douglas Adams produziert, die auf Anhieb ein Erfolg war. Der erste »Anhalter«-Roman verkaufte sich in den ersten drei Monaten 250.000 Mal und begründete damit den Welterfolg von Douglas Adams als einem der originellsten Autoren des 20. Jahrhunderts.

Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis. Aus dem Englischen von Benjamin Schwarz. Heyne Taschenbuch 10822. ISBN: 978-3-453-14697-6. Preis: € 7,95.

Von den alltäglichen Dingen

Nach seinem Bestseller »Eine kurze Geschichte von fast allem« liefert Bryson nun mit »Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge» ein weiteres umfangreiches Sachbuch, das sich im Wesentlichen als eine Kulturgeschichte des Alltags im 19. Jahrhundert liest. Auf die Idee zu diesem Buch kam Bryson als er ein altes, zweistöckiges Pfarrhaus in Norfolk kaufte, das Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde, und dabei unter anderem auf die alten Baupläne stieß, die auch die ehemalige Nutzung der einzelnen Räume erkennen ließen. Anhand dieser Pläne und auf einem Gang durch die heute tatsächlich existierenden Räumlichkeiten erzählt Bryson eine breit gefächerte Kulturgeschichte, deren Hauptgewicht auf den zur Bauzeit aktuellen Entwicklungen und Erfindungen in England liegt, sich aber bei einzelnen Themen auch bis in die Antike und sogar in vorgeschichtliche Zeiten zurückbegibt.

Wie schon in seinem Buch »über fast Alles« erweist sich Bryson nicht nur als ein begabter Erzähler, der ein exzellentes Gespür dafür hat, was erzählt werden muss und was fortgelassen werden kann, sondern einmal mehr auch als ein brillanter Rechercheur und Organisator des historischen Materials. Auch wenn das Buch zu Abschweifungen neigt, die oft nur sehr locker an das vom gerade besuchten Raum vorgegebene Thema angeknüpft sind, ist die Lektüre immer unterhaltsam und kurzweilig, ganz zu schweigen von den unzähligen kuriosen Informationen, die wie nebenbei abfallen.

Brysons zweite »kurze Geschichte« ist eine facettenreiche, eingängige und gut lesbare Einführung in die Welt Englands und Europas zur Zeit der Königin Viktoria.

Bill Bryson: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge. München: Goldmann, 2011. ISBN: 978-3-442-30122-5. Preis: € 24,99.