Mehr von Träumenden Büchern

Im Jahr 2004 erschien Walter Moers bislang bester und erfolgreichster Zamonien-Roman »Die Stadt der Träumenden Bücher«. Zamonien ist ein fantastisches Reich voller Fabelwesen und sein berühmtester Autor ist der Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz, der in diesem Roman die Geschichte des ersten großen Abenteuers seiner Jugend erzählte: Wie er, von einem zufälligen Brieffund neugierig gemacht, nach Buchhaim, der Stadt der Träumenden Bücher, reiste und dort in dem riesigen unterirdischen Labyrinth in den Besitz des Orms, der geheimnisvollen Dichtermacht Zamoniens kam. Dabei begegnete er den Bücherjägern, räuberischen Abenteurern, die aus dem Labyrinth unter Lebensgefahr rare und wertvolle Bücher an die Oberfläche bringen, und den Buchlingen, kleinen, einäugigen Wesen, die ihr ganzes Leben dem Werk eines Dichters widmen.

Nun ist nach sieben Jahren endlich die lang erwartete Fortsetzung dieser Geschichte erschienen. Der inzwischen deutlich gealterte Mythenmetz begibt sich abermals in die Bücherstadt auf der Suche nach dem tot geglaubten Schattenkönig. Er findet Buchhaim deutlich verändert vor, aber im Kern der alten Stadt lebt die alte Buchkultur noch weiter. Und entgegen all seinen Vorsätzen verschlägt es ihn dann doch wieder ins Labyrinth der Träumenden Bücher …

Der neue Zamonien-Roman ist der zweite Teil einer Trilogie, und Moers wird seine Leser noch zwei Jahre warten lassen, bis sie erfahren, wie sich das Schicksal seines Lindwurm-Helden weiter entwickeln wird. Ein Buch, das eingefleischte Moers-Fans gefangen nehmen wird.

Walter Moers: Das Labyrinth der Träumenden Bücher. Ein Roman aus Zamonien von Hildegunst von Mythenmetz. Aus dem Zamonischen übertragen und illustriert von Walter Moers. München: Knaus, 2011. ISBN: 978-3-8135-0393-7. Preis: € 24,99.

Per Anhalter durch die Galaxis

Als Arthur Dent, ein durchschnittlicher englischer Bürger, eines Morgens aufwacht, findet er sein Haus umstellt von Baumaschinen. Es ist geplant, eine Umgehungsstraße durch sein Haus zu bauen, und weil Arthur von dem Einfall nicht angetan ist, legt er sich erst einmal provisorisch vor den nächsten Bagger. Allerdings bleibt er dort nicht lange liegen, denn sein bester Freund, der auf den etwas merkwürdigen Namen Ford Prefect hört, überredet ihn, rasch die nächste Kneipe aufzusuchen, wo er ihm eröffnet, dass die Zerstörung der Erde unmittelbar bevorsteht, da auch sie Platz für eine Umgehungsstraße machen soll. Ford weiß das, weil er nicht, wie Arthur annimmt, aus Islington stammt, sondern von einem Planeten in der Nähe des Sterns Beteigeuze. Er ist auf der Erde, um für die erfolgreichste galaktische Publikation zu recherchieren, den Reiseführer »Per Anhalter durch die Galaxis«. Und da Arthur ihm einst das Leben gerettet hat, revanchiert er sich jetzt: Er nimmt Arthur mit, als er sich als blinder Passagier auf eines der Raumschiffe der Vogonen schleicht, die gekommen sind, um die Erde aus dem Weg zu räumen. Damit beginnt für Arthur eine phantastische Reise in die Weiten der Milchstraße.

Als Douglas Adams erster Roman seiner letzlich fünfbändigen »Anhalter«-Reihe 1979 erschien, war Arthur Dent in England bereits eine Berühmtheit. Die BBC hatte 1978 eine Hörspielreihe von Douglas Adams produziert, die auf Anhieb ein Erfolg war. Der erste »Anhalter«-Roman verkaufte sich in den ersten drei Monaten 250.000 Mal und begründete damit den Welterfolg von Douglas Adams als einem der originellsten Autoren des 20. Jahrhunderts.

Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis. Aus dem Englischen von Benjamin Schwarz. Heyne Taschenbuch 10822. ISBN: 978-3-453-14697-6. Preis: € 7,95.

Arthur Gordon Pym

Edgar Allan Poe (1809–1849) war unter den ersten amerikanischen Schriftstellern, die versucht haben, vom Schreiben zu leben. Er arbeitete für die damals neu entstehenden Magazine, die damals aufgrund von Fortschritten in der Drucktechnik und den verbesserten Vertriebsmöglichkeiten durch die Eisenbahn in großer Zahl gegründet wurden. Diese Magazine kamen dem schriftstellerischen Talent Poes entgegen, da er ein Meister sowohl des Gedichts als auch der kurzen Erzählung war. Doch konnte man als Zeitungsschreiber und -redakteur nur wenig überregionalen Ruhm erwerben. Deshalb entschloss sich Poe, einen Roman zu schreiben, und er legte es mit Konsequenz auf einen Bestseller an.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfreuten sich sowohl Romane als auch Sachbücher, die von den Abenteuern der Seefahrt handelten, großer Beliebtheit. Und so schickt auch Poe seinen Helden Arthur Gordon Pym auf eine Seereise, die ihn nach einer Reihe von nahezu unglaublichen Abenteuern und Entbehrungen – Meuterei, Schiffsbruch, wochenlanges Treiben auf hoher See – endlich in die damals noch weitgehend unerforschten Gebiete der Antarktis verschlägt. Dort entdeckt man auf der Insel Tsalal einen Volksstamm, der noch in steinzeitlichen Verhältnissen lebt. Obwohl diese ›Wilden‹ zuerst freundlich scheinen, greifen sie ihre Entdecker schließlich an und zerstören ihr Schiff. Nur Pym kann mit einem Kameraden entkommen und treibt nun in einem kleinen Boot immer weiter dem Südpol zu …

Poes einziger Roman ist mit seiner überbordenen und exaltierten Phantasie bis heute eines der bedeutenden Muster der Abenteuer- und phantastischen Literatur geblieben.

Edgar Allan Poe: Der Bericht des Arthur Gordon Pym. Insel Taschenbuch 1449. ISBN: 978-3-458-33149-0. Preis: € 9,00. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen als Hörbuch und auf CD-ROM entliehen werden.

Die Kinder der Finsternis

Wolf von Niebelschütz (1913–1960) ist ein Dauergeheimtipp der deutschen Nachkriegsliteratur. Er hat niemals den Durchbruch zu wirklicher Prominenz geschafft, doch seine beiden großen Romane »Der blaue Kammerherr« (1949) und »Die Kinder der Finsternis« (1959) sind seit ihrem Erscheinen mit kleineren Unterbrechungen eigentlich immer im Druck gewesen. Gerade hat nun der Züricher Verlag Kein & Aber die beiden umfangreichen Bücher wieder vorgelegt.

Niebelschütz, der Geschichte und Kunstgeschichte studiert hatte, konnte schon vor dem Zweiten Weltkrieg einige seiner Gedichte in der »Neuen Rundschau« veröffentlichen, wurde dann aber 1940 zur Wehrmacht eingezogen. Auf einem Wehrmachtsschreibtisch im besetzten Paris schrieb er große Teile seines ersten Romans, der kurz nach dem Krieg im jungen Suhrkamp Verlag erscheint.

Erst zehn Jahre später folgt dann »Die Kinder der Finsternis«, ein fantastisch-historischer Roman, der im Hochmittelalter spielt. Als Schauplatz erfindet Niebelschütz zwischen die Provence und das von den Mauren besetzte Spanien das kleine Reich Kelgurien hinein, in dem Barral, der Held des Buches und Bastardsohn eines Barons, durch glückliche Umstände zur Herrschaft gelangt. Und er wird ein außergewöhnlicher Herrscher, der versucht, sein kleines Land soweit es geht aus den Unwägbarkeiten der großen Politik herauszuhalten. Zudem schließt er Freundschaft über die Landes- und Glaubensgrenzen hinaus mit den muslimischen Nachbarn, die sich als wissenschaftlich und kulturell hoch überlegen erweisen.

Ein überaus kluges und an historischen Details reiches Buch.

Wolf von Niebelschütz: Die Kinder der Finsternis. Zürich: Kein & Aber, 2010. ISBN: 978-3-0369-5559-9. Preis: € 24,90. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

Vom großen Lafcadio

»Lafcadio« ist ein Kinderbuch, das beinahe 50 Jahre alt ist und das verdient hätte, viel bekannter zu sein. Sein Autor Shel Silverstein erzählt in ihm die Geschichte eines jungen Löwen, der nicht wie seine Artgenossen vor den Jägern wegläuft, sondern einem von ihnen kurzerhand das Gewehr abnimmt und ihn auffrisst. Mit dem Gewehr bildet er sich selbst zum Scharfschützen aus und wird daraufhin von einem Zirkusdirektor mit dem Versprechen, ihn mit Marshmallows zu füttern, in die Stadt gelockt.

Dort trifft die junge Raubkatze bei ihrem ersten Ausflug den Erzähler der Geschichte, Onkel Shelby, der ihn zum Friseur begleitet, ihm seinen Schneider empfiehlt und ihn nicht zuletzt zum Essen ausführt, bei dem dann auch die versprochenen Marshmallows serviert werden. Am nächsten Tag bekommt der Löwe seinen Bühnennamen »Der große Lafcadio«, und schon sein erster Auftritt wird eine Sensation. Lafcadio wird zu einer großen Berühmtheit und ein echter Salonlöwe. Onkel Shelby, sein erster und bester Freund, führt ihn in die große Gesellschaft ein, und Lafcadio lässt seine »wilde« Vergangenheit mehr und mehr hinter sich. Natürlich erweist es sich, dass das Leben in menschlicher Gesellschaft auch einen Löwen auf Dauer nicht glücklich macht. Da kommt es gerade recht, dass der Direktor einen Jagdausflug nach Afrika vorschlägt …

Der vielseitige Shel Silverstein (1932–1999) war Schriftsteller, Musiker und Zeichner und hat »Lafcadio« nicht nur geschrieben, sondern auch selbst illustriert. Die deutsche Ausgabe hat das Glück, in Harry Rowohlt einen kongenialen Übersetzer gefunden zu haben.

Shel Silverstein: Lafcadio. Ein Löwe schießt zurück. Aus dem Amerikanischen von Harry Rowohlt. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 2004. ISBN: 978-3-596-85140-9. Preis: € 11,90.

Der Meister und Margarita

Habent sua fata libelli – Bücher haben ihre eigenen Schicksale. Dieses Zitat gilt auch für den letzten Roman des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow (1891–1940). Bulgakow war ursprünglich Arzt und durchlebte den Russischen Bürgerkrieg auf wechselnden Seiten. Nach dem Bürgerkrieg etablierte er sich in Moskau als Schriftsteller und Journalist und schrieb zahlreiche erfolgreiche Theaterstücke, Erzählungen, Romane und Reportagen. Bulgakows Status als Autor war immer wieder von politischer Seite gefährdet, seine Werke wurden zeitweise verboten oder beschlagnahmt. 1930 wandte sich Bulgakow sogar direkt an Stalin, um als Autor weiterarbeiten zu können.

Die ersten Ideen zu »Der Meister und Margarita« hatte Bulgakow bereits, als er 1921 nach Moskau kam. Die letzten Seiten diktierte er seiner Frau vom Totenbett aus. Der Roman konnte aber erst 1966 erstmals als Zeitschriftenabdruck erscheinen und wurde über Nacht zu einem der beliebtesten russischen Romane. 1975 erschien dann die deutsche Übersetzung.

Erzählt wird von einem Besuch des Teufels mit seinem kleinen Hofstaat in Moskau, um dort einen Ball zu veranstalten. Seine Ankunft löst in der Hauptstadt der atheistischen Sowjetunion erhebliche Verwirrung aus. Bulgakow zeichnet eine fantastische und chaotische Gegenwelt zum bürokratischen und tristen Alltag der UdSSR. Durchsetzt ist diese Geschichte mit Kapiteln, die die letzten Tage Jesu aus der Sicht von Pontius Pilatus erzählen. Wie diese Kapitel mit der Rahmenerzählung zusammenhängen und wer der Meister und Margarita sind, bleibt lange Zeit ein Geheimnis …

Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita. Deutsch von Thomas Reschke. Sammlung Luchterhand 62063. ISBN: 978-3-630-62093-0. Preis: € 10,00.