Per Anhalter durch die Galaxis

Als Arthur Dent, ein durchschnittlicher englischer Bürger, eines Morgens aufwacht, findet er sein Haus umstellt von Baumaschinen. Es ist geplant, eine Umgehungsstraße durch sein Haus zu bauen, und weil Arthur von dem Einfall nicht angetan ist, legt er sich erst einmal provisorisch vor den nächsten Bagger. Allerdings bleibt er dort nicht lange liegen, denn sein bester Freund, der auf den etwas merkwürdigen Namen Ford Prefect hört, überredet ihn, rasch die nächste Kneipe aufzusuchen, wo er ihm eröffnet, dass die Zerstörung der Erde unmittelbar bevorsteht, da auch sie Platz für eine Umgehungsstraße machen soll. Ford weiß das, weil er nicht, wie Arthur annimmt, aus Islington stammt, sondern von einem Planeten in der Nähe des Sterns Beteigeuze. Er ist auf der Erde, um für die erfolgreichste galaktische Publikation zu recherchieren, den Reiseführer »Per Anhalter durch die Galaxis«. Und da Arthur ihm einst das Leben gerettet hat, revanchiert er sich jetzt: Er nimmt Arthur mit, als er sich als blinder Passagier auf eines der Raumschiffe der Vogonen schleicht, die gekommen sind, um die Erde aus dem Weg zu räumen. Damit beginnt für Arthur eine phantastische Reise in die Weiten der Milchstraße.

Als Douglas Adams erster Roman seiner letzlich fünfbändigen »Anhalter«-Reihe 1979 erschien, war Arthur Dent in England bereits eine Berühmtheit. Die BBC hatte 1978 eine Hörspielreihe von Douglas Adams produziert, die auf Anhieb ein Erfolg war. Der erste »Anhalter«-Roman verkaufte sich in den ersten drei Monaten 250.000 Mal und begründete damit den Welterfolg von Douglas Adams als einem der originellsten Autoren des 20. Jahrhunderts.

Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis. Aus dem Englischen von Benjamin Schwarz. Heyne Taschenbuch 10822. ISBN: 978-3-453-14697-6. Preis: € 7,95.

True Grit

True Grit bedeutet soviel wie echter Mumm (womit nicht der Sekt gemeint ist). Der Film »True Grit«, der im letzten Jahr in die Kinos kam und jetzt auch auf DVD vorliegt, ist ein Remake eines Hollywood-Westerns von 1969 mit dem damals bereits über 60-jährigen John Wayne in der Hauptrolle. Der alternde und übergewichtige Wayne spielte damals brillant einen heruntergekommenen, stets betrunkenen US-Marshal (der Film trug denn auch den deutschen Verleihtitel »Der Marshal«), der sich durch das Einfangen entlaufener Straftäter mehr schlecht als recht über Wasser hält. Er bekommt von einem jungen Mädchen den Auftrag, den Mörder ihres Vaters zu suchen, der sich ins Indianer-Reservat abgesetzt hat, um sich dort mit einigen anderen Banditen zu verbünden. Allerdings besteht das Mädchen darauf, den Marshal auf seinem Ritt zu begleiten. Dritter im Bunde ist ein junger, etwas überheblicher Texas Ranger, der den Mörder wegen anderer Vergehen bereits seit Längerem verfolgt.

Es ist ein Glücksfall, dass sich die Coen-Brüder (»Burn After Reading«, »No Country for Old Men«) dieses außergewöhnlichen Klassikers angenommen haben. Besonders die Neubesetzung des jungen Mädchens mit der Neuentdeckung Hailee Steinfeld, aber auch die der anderen Rollen (Jeff Bridges spielt den Marshal, Matt Damon den Ranger), machen die Neuverfilmung zu einem echten Highlight. Hailee Steinfeld spielt ihre Rolle mit soviel Energie und Souveränität, dass am Ende durchaus nicht klar ist, wem der Ehrentitel »True Grit« zugesprochen werden sollte. Sehr sehenswert!

»True Grit«. USA, 2010. 1 DVD, Paramount. Sprachen: Deutsch, Türkisch, Englisch. Länge: ca. 105 Minuten. Extras: Matties True Grit; Die Mode um 1880; Die Neuerschaffung von Fort Smith; Die Besetzung. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 15,–.

Schrecklich amüsant

Eine siebentägige Karibik-Kreuzfahrt auf einem Luxusliner stellt für viele Menschen einen der höchsten Urlaubsträume dar. Im März 1995 nahm der inzwischen verstorbene US-Schriftsteller David Foster Wallace (1962–2008), dessen Mammutroman »Unendlicher Spaß« in diesem Jahr in deutscher Übersetzung erschienen ist, im Auftrag des US-amerikanischen »Harper’s Magazine« an einer solchen Kreuzfahrt teil. Er hat darüber eine Artikelserie verfasst, die 1997 auch in einer Buchausgabe veröffentlicht wurde. Bereits der Titel »Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich« macht klar, dass die Reise bei Wallace nicht zu der vom Veranstalter versprochenen Entspannung geführt hat.

In sehr persönlicher Art und Weise beschreibt Wallace auf knapp 200 Seiten seine Erlebnisse von der Einschiffung in Florida bis zur »Celebrity Show« des letzten Tages. Seine präzisen Beobachtungen und seine pointierte Sprache erzeugen ein umwerfend komisches Bild dieser sieben Tage. Angefangen bei seinen fruchtlosen Versuchen, das Personal beim Aufräumen seiner Kabine zu überraschen, über sein misstrauisches Verhältnis zum Unterdruck-Toiletten-System des Schiffes, seinen Kämpfen mit den Stewards auf dem Sonnendeck bis hin zu seinen Kurzporträts von Mitreisenden, Offizieren und Animateuren trifft jeder Satz, jeder Vergleich den Nagel auf den Kopf. Und Wallace richtet zugleich immer auch einen ironischen Blick auf sich selbst.

Der Schauspieler Dietmar Bär hat diesen amüsanten Reisebericht in einer Produktion des Hessischen Rundfunks ungekürzt vorgelesen.

David Foster Wallace: Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich. Ungekürzte Lesung von Dietmar Bär. München: Der Hörverlag, 2004. 4 CDs mit zus. etwa 275 Minuten Laufzeit. Preis: ca. 15,– €.

Das endgültige Satirebuch

Vor gut 30 Jahren, im November 1979, erschien das erste Heft des Satiremagazins »Titanic«. Zum Jubiläum hat die Redaktion sich und allen Titanic-Lesern ein Geschenk gemacht und das »Erstbeste aus 30 Jahren« in einem Buch versammelt. »Titanic« hat mit Witz und Biss 30 Jahre west- und gesamtdeutscher Geschichte begleitet. Natürlich standen oft Politik und Politiker im Zentrum der Satire: So hat es Helmut Kohl über 60 Mal aufs Titelblatt geschafft (eine Auswahl der besten Kohl-Titelblätter findet sich natürlich im Buch), aber auch Rudolf Scharping, Gerhard Schröder, Kurt Beck, Angela Merkel u.v.a. sind nicht unbehelligt davongekommen.

Doch die Satire der »Titanic« hat sich nicht nur mit Politik beschäftigt, sondern sich auch der »heiligen Kühe« bundesdeutscher Kultur angenommen: Gern erinnert man sich etwa an die Aktion bei »Wetten, dass..?«, bei der der »Titanic«-Redakteur Bernd Fritz beinahe Wettkönig wurde mit der unsinnigen Wette, er könne Buntstifte am Geschmack erkennen. Nicht weniger heiß diskutiert wurde die Aktion von Martin Sonneborn, der sich im Juli 2000 in die Vergabe der Fußball-WM nach Deutschland einmischte, als er einem neuseeländischen Fifa-Funktionär ein absurdes Bestechungsschreiben ins Hotel faxte.

Neben vielen aktuellen Themen blühte bei der »Titanic« aber auch immer ein Sinn für höheren Unsinn, so wenn etwa Opa Sondermann seinen Enkeln Abenteuer aus der Versicherungsagentur erzählt oder man im Stil der »Was ist Was«-Bücher erklärt, warum wir mit den Füßen gehen.

Die und vieles mehr gibt es in dem Jubiläumsband wiederzuentdecken.

Titanic. Das endgültige Satirebuch. Das Erstbeste aus 30 Jahren. Hg. v. Peter Knorr, Oliver Maria Schmidt, Martin Sonneborn u.a. Berlin: Rowohlt Berlin, 2009. ISBN: 978-3-87134-652-1. Preis: € 25,00.

Jüdische Witze

Vor 50 Jahren erschien im Schweizer Olten-Verlag eine soziologische Studie der damals noch gänzlich unbekannten Salcia Landmann (1911–2002). Es handelte sich um einen kulturhistorischen Aufsatz, der sich mit dem Phänomen des jüdischen Humors beschäftigte. Was das Buch aber zu einem außergewöhnlichen Erfolg machte und weshalb es bis heute immer noch im Druck ist, ist nicht dieser Aufsatz, sondern dass Salcia Landmann, quasi als Anhang, ihre Sammlung jüdischer Witze abdrucken ließ, die sie in vielen Jahren gesammelt hatte: Den knapp 50 Seiten der Studie folgen immerhin gut 200 Seiten mit Witzen.

Dieser ersten Sammlung jüdischen Humors nach dem Zweiten Weltkrieg sind inzwischen zahlreiche andere gefolgt, aber das Büchlein von Salcia Landmann ragt immer noch ein Stück aus der Konkurrenz heraus, weil es den jüdischen Witz in seinen zahlreichen Facetten dokumentiert. Einige der Witze könnten mit kleinen Abwandlungen genau so gut als »christliche« Witze durchgehen (falls es so etwas gibt), aber die meisten spiegeln doch jüdische Kultur und Lebenserfahrung wider:

Ein Kosak und ein Jude stehen vor dem Richter. Der Jude behauptet, der Kosak habe ihm sein Pferd gestohlen.
»Nein, ich habe das Pferd gefunden«, behauptet der Kosak.
Der Jude fängt an zu schreien: »Wie heißt: gefunden? Ich habe auf dem Pferd gesessen! Er hat mich mit Peitschenhieben und Fauststößen auf die Straße hinuntergeworfen!«
»Stimmt das oder nicht?« will der Richter wissen.
»Nun ja«, gibt der Kosak zögernd zu, »ich habe sie beide gefunden, den Juden und das Pferd, aber für den Juden hatte ich keine Verwendung.«

Salcia Landmann: Jüdische Witze. dtv 21017. ISBN: 978-3-423-21017-1. Preis: € 9,95. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

Buch der Katastrophen

Düsseldorf hat zwei Literaten hervorgebracht, die den Vornamen Harry trugen: Der eine ist unter seinem späteren christlichen Taufamen berühmt geworden und lange ein ungeliebter Sohn seiner Heimatstadt geblieben: Heinrich Heine. Die Schriften des anderen stehen seit Jahrzehnten an der Grenze zum Vergessen, schaffen es aber doch immer wieder, im Druck zu bleiben. Die Rede ist von Hermann Harry Schmitz (1880–1913). Schmitz wurde als Sohn eines Düsseldorfer Fabrikdirektors geboren, aber schon als Schüler aus der bürgerlichen Laufbahn herausgeworfen, als ihn die Tuberkulose zwang, die Schule für einen längeren Kuraufenthalt auf Korsika zu verlassen. Von seinem Vater in eine ungeliebte kaufmännische Lehre gezwungen, fing Schmitz ab dem Jahr 1906 an, sich als Autor kurzer, satirischer Texte zu etablieren. Die wenigen Jahren, die ihm blieben, verbrachte er als Dandy in seiner Heimatstadt, wo er nicht nur durch seine Satiren und Reisebeschreibungen bekannt war, sondern sich auch als beliebter Conférencier einen Namen machte.

Am bekanntesten dürfte sein »Buch der Katastrophen« sein. In den darin versammelten Texten spielt Schmitz seine Stärke aus, alltägliche Situationen in bis ins Absurde gesteigerte Katastrophen ausarten zu lassen, so etwa die erste Schwangerschaft im bürgerlichen Haushalt der Beckers, die von drei Tanten, drei Ammen und den modernen Gerätschaften zur Säuglingspflege in den Wahnsinn getrieben werden. Oder ein prächtiges Buch, der Stolz einer kleinen Familie, das verliehen wird und auf diesem Weg die ganze Familie ins Unglück stürzt. Eine hoch amüsante Lektüre für Freunde des absurden Humors.

Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Insel Taschenbuch 3186. ISBN: 978-3-458-34886-3. Preis: € 7,50.

Denken wir uns

Der große deutsche Humorist Robert Gernhardt (1937–2006) war als Maler und Autor eine echte Doppelbegabung und auf diese Weise ein würdiger Nachfolger Wilhelm Buschs. Er wurde in Tallinn, Estland, als Sohn eines Richters geboren, der 1945 fiel. Die Mutter floh mit ihren drei Söhnen in den Westen und ließ sich 1946 in Göttingen nieder. Robert Gernhardt besuchte nach Abschluss der Schule die Akademien in Stuttgart und Berlin und studierte dort Malerei. Ab dem Jahr 1964 lebte er als Maler, Karikaturist und Schriftsteller in Frankfurt am Main. Er arbeitete für die Satirezeitschrift »Pardon« und später auch für die  »Titanic«. Er war Mitbegründer und einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten Neuen Frankfurter Schule.

Als Schriftsteller hat Gernhardt sowohl ein breites lyrisches als auch umfangreiches erzählerisches und essayistisches Werk geschaffen. In seiner humoristischen Lyrik verbindet sich oft sein zeichnerisches Talent mit seiner Neigung zum absurden Kurzgedicht.

Der Erzählband »Denken wir uns« erschien 2007 posthum als das letzte Buch, das Gernhardt noch selbst zusammengestellt hatte. Es enthält noch einmal eine breite Auswahl der Gernhardtschen Erzählkunst, von der absurden Anekdote bis zur historischen Erzählung, vom Essay bis zum metaphysisch-humoristschen Gedankenspiel. Die 26 Stücke werden eher locker dadurch verbunden, dass sie alle mit der Phrase »Denken wir uns« beginnen. Der schmale Band bietet eine gute Gelegenheit, die ganze Vielfalt des Gernhardtschen Erzählens Revue passieren zu lassen. Ein immer heiteres, gelegentlich aber auch nachdenklich stimmendes Büchlein.

Robert Gernhardt: Denken wir uns. Fischer Taschenbuch 17671. ISBN: 978-3-596-17671-7. Preis: € 9,95.

Happy-Go-Lucky

Poppy (Sally Hawkins), die eigentlich Pauline heißt, ist 30 Jahre alt und arbeitet als Grundschullehrerin im Norden Londons. Sie zeichnet sich durch eine nicht zu zerrüttende gute Laune aus: Nichts bringt sie wirklich aus der Fassung, allem gewinnt sie eine gute Seite ab.

So auch, als ihr eines Tages ihr Fahrrad gestohlen wird. Statt sich zu ärgern, ergreift sie die Chance, endlich das Autofahren zu lernen. Auf diese Weise macht sie die Bekanntschaft Scotts (Eddie Marsan), eines selbstständigen Fahrlehrers, der in so ziemlich allem das Gegenteil von Poppy darstellt: Er ist ein verkniffener, eigenbrötlerischer Rechthaber, der zudem noch zu Verschwörungstheorien neigt. Da sich Poppy in ihrer Fröhlichkeit von all dem aber unbeeindruckt zeigt, braucht es nur wenige Fahrstunden, bis sie Scott einerseits an den Rand der Verzweiflung gebracht hat, er sich andererseits aber in sie verliebt.

Zum Glück für Poppy lernt sie in derselben Zeit auch einen anderen Mann kennen: Nick (Jack MacGeachin) ist ein Sozialarbeiter, der an ihrer Schule arbeitet und dessen ruhige und gelassene Art einen anderen Gegenpol zu Poppys Aufgedrehtheit bildet. Als Scott eines Tages zufällig Nick kennenlernt und begreift, dass er und Poppy ein Paar sind, kommt es zum dramatisch-komischen Höhepunkt des Films.

Regisseur und Autor Mike Leigh hat mit Poppy eine ganz einmalige Figur geschaffen und Sally Hawkins hat für ihre Verkörperung zu Recht den Silbernen Bären der Berlinale 2008 erhalten.

»Happy-Go-Lucky«. Großbritannien, 2008. 1 DVD, Tobis/Universum. Sprachen: Deutsch, Englisch. Extras: Hörfilmfassung für Sehbehinderte, Featurettes, Interviews u.a.m. Länge: ca. 114 Minuten. FSK: ab 6 Jahren. Preis: ca. € 15,–.