Portrait eines Planeten

Nach dem Tod seiner ersten Frau Lotti im Januar 1983 verfiel Friedrich Dürrenmatt in eine tiefe Depression. Wieder einmal traf er die Entscheidung, nicht mehr für das Theater zu schreiben, ja, er war sich nicht sicher, ob er überhaupt noch weiter schreiben wolle. Dann lernte er im September 1983 bei Maximilian Schell die Schauspielerin und Filmemacherin Charlotte Kerr kennen. Kerr beschreibt diese erste Begegnung, die für beide eine neue Phase der Kreativität einleitete, in ihrem Erinnerungsbuch »Die Frau im roten Mantel« (1992) und betont, dass ihr erster Gedanke gewesen sei, sie brauche sofort eine Kamera, um einen Film über diesen Mann zu beginnen.

Die Beziehung zwischen beiden vertieft sich über die nächsten Monate so rasch, dass sie Anfang Mai 1984 heiraten. Kurz zuvor hat Charlotte Kerr ein großes Filmportrait über Dürrenmatt abgeschlossen, das im Dezember 1984 im SDR zu Ehren des 65-jährigen Schriftstellers zum ersten Mal ausgestrahlt wird. Es handelt sich um insgesamt vier Stunden Filmmaterial, beinahe ausschließlich vom erzählenden Dürrenmatt gefüllt, der durch nur wenige Fragen der Filmemacherin zum Erzählen angeregt wird.

Im Jahr 2006 hat Charlotte Kerr die Dokumentation noch einmal für eine DVD-Veröffentlichung gesichtet und um gut 40 Minuten gekürzt. Entstanden ist so ein vorbildliches Portrait eines der wichtigen deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Es gibt wohl von keinem anderen Schriftsteller eine so umfassende filmische Selbstdarstellung.

Charlotte Kerr: Portrait eines Planeten – Friedrich Dürrenmatt (Neufassung 2006). 2 DVDs, Diogenes Verlag. Sprache: Deutsch. Länge: ca. 194 Minuten. FSK: ab 6 Jahren. ISBN: 978-3-257-95140-0. Preis: € 29,90.