Mogadischu

Obwohl die Zweite Generation der RAF-Terroristen Anfang September 1977 den Arbeitgeber-Präsidenten Hanns Martin Schleyer entführt hatte, gelang es ihr nicht, ihrem eigentlichen Ziel, der Freipressung der RAF-Gefangenen, näher zu kommen. Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt hielt die Terroristen hin in der Hoffnung auf einen Fahndungserfolg und eine Befreiung des Entführten. Die RAF entschloss sich daher, ihre internationalen Beziehungen zu nutzen, um den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken.

Daher entführten am 13. Oktober 1977 vier Palästinenser – zwei Männer und zwei Frauen – die Lufthansa-Maschine »Landshut«, die sich auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Frankfurt befand. Die Forderung der Entführer lautete ebenfalls auf Freilassung der RAF-Inhaftierten. An Bord der Maschine befanden sich außer den Terroristen 82 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder.

Die Entführung entwickelte sich zu einer fünftägigen Odyssee, die die Entführten mehr als einmal an den Rand des Todes brachte. Wie bekannt konnte schließlich eine Einsatzgruppe der GSG-9 auf dem Flughafen der somalischen Hauptstadt Mogadischu alle Geiseln befreien. Einziges Opfer der Terroristen blieb der Pilot der Maschine Jürgen Schumann, der nach der Zwischenlandung in Aden erschossen worden war.

Regisseur Roland S. Richter hat 2008 im Auftrag der ARD diese Geschichte zu einem packenden Spielfilm verarbeitet. Ohne jegliche Effekthascherei dokumentiert er minutiös die fünf Tage der Entführung sowohl in der Maschine selbst als auch in Bonn bei der Bundesregierung. Ein Doku-Drama im besten Sinne!

»Mogadischu«. Deutschland, 2008. 1 DVD, Warner Brothers. Sprache: Deutsch. Länge: ca. 108 Minuten. Extras: Making-of. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 8,–.

Literarischer Führer Deutschland

Im vergangenen Jahr ist im Inselverlag wohl zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg ein ganz Deutschland umfassender literarischer Führer erschienen. Fred Oberhauser und Axel Kahrs haben, unterstützt von nur wenigen Mitarbeitern, auf 1469 Seiten die literarisch relevanten Orte Deutschlands aufgearbeitet und in aller Kürze dargestellt. Von selbst verstehen sich dabei natürlich Orte wie Berlin, Weimar, München oder Lübeck, die entweder als Kulturzentrum deutschlandweite Bedeutung haben oder als Geburts- oder Lebensort bedeutender Autoren erwähnenswert sind.

Aber auch Solingen findet seinen Platz unter der literarischen Stätten. Gewürdigt werden zum Beispiel der 1828 hier geborene Friedrich Albert Lange, dessen »Geschichte des Materialismus« (1866) auch heute noch relevant ist, oder der Fabrikant Mundartdichter Peter Witte (1876–1949), dessen Denkmal heute noch auf dem Alten Markt zu finden ist. Selbst der nicht mehr oft erwähnte konservative Kunsthistoriker und politische Schriftsteller Arthur Moeller van den Bruck (1876–1925) wird gewürdigt.

Der Aufenthalt Johann Heinrich Jung-Stillings (1740–1817) im Jahr 1762 als Geselle beim Schneidermeister Nagel – er spielte sonntags in der Kirche die Orgel und war so beliebt, dass er mehr Meister als Geselle im Haus war – wird genauso genannt wie die langjährige Tätigkeit Otto Gmelins (1886–1940) als Studienrat in Solingen-Wald.

Sicherlich wird der Lokalhistoriker immer das eine und andere zu ergänzen finden, aber insgesamt ist das Buch eine nahezu unerschöpfliche Fundgrube für alle reiselustigen Leserinnen und Leser.

Fred Oberhauser u. Axel Kahrs: Literarische Führer Deutschland. Frankfurt/M: Insel Verlag, 2008. ISBN: 978-3-458-17415-8. Preis: € 48,00.

Der Meister und Margarita

Habent sua fata libelli – Bücher haben ihre eigenen Schicksale. Dieses Zitat gilt auch für den letzten Roman des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow (1891–1940). Bulgakow war ursprünglich Arzt und durchlebte den Russischen Bürgerkrieg auf wechselnden Seiten. Nach dem Bürgerkrieg etablierte er sich in Moskau als Schriftsteller und Journalist und schrieb zahlreiche erfolgreiche Theaterstücke, Erzählungen, Romane und Reportagen. Bulgakows Status als Autor war immer wieder von politischer Seite gefährdet, seine Werke wurden zeitweise verboten oder beschlagnahmt. 1930 wandte sich Bulgakow sogar direkt an Stalin, um als Autor weiterarbeiten zu können.

Die ersten Ideen zu »Der Meister und Margarita« hatte Bulgakow bereits, als er 1921 nach Moskau kam. Die letzten Seiten diktierte er seiner Frau vom Totenbett aus. Der Roman konnte aber erst 1966 erstmals als Zeitschriftenabdruck erscheinen und wurde über Nacht zu einem der beliebtesten russischen Romane. 1975 erschien dann die deutsche Übersetzung.

Erzählt wird von einem Besuch des Teufels mit seinem kleinen Hofstaat in Moskau, um dort einen Ball zu veranstalten. Seine Ankunft löst in der Hauptstadt der atheistischen Sowjetunion erhebliche Verwirrung aus. Bulgakow zeichnet eine fantastische und chaotische Gegenwelt zum bürokratischen und tristen Alltag der UdSSR. Durchsetzt ist diese Geschichte mit Kapiteln, die die letzten Tage Jesu aus der Sicht von Pontius Pilatus erzählen. Wie diese Kapitel mit der Rahmenerzählung zusammenhängen und wer der Meister und Margarita sind, bleibt lange Zeit ein Geheimnis …

Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita. Deutsch von Thomas Reschke. Sammlung Luchterhand 62063. ISBN: 978-3-630-62093-0. Preis: € 10,00.

Manhattan

Vor 30 Jahren kam Woody Allens Film »Manhattan« in die Kinos. Allen, der seit Anfang der 70-er Jahre bis heute praktisch in jedem Jahr einen Film in die Kinos gebracht hat, war als Regisseur von Slapstick-Komödien bekannt geworden, und auch sein erfolgreichster Film, »Der Stadtneurotiker« (1977), der immerhin vier Oscars gewonnen hat, enthielt noch einige Elemente dieser Vorgänger. Allen ließ diesem Erfolg mit »Innenleben« einen ernsthaften Film über drei Schwestern folgen, die sich ihrer dominanten Mutter erwehren müssen.

Mit »Manhattan« fand Allen dann zu einem neuen Gleichgewicht zwischen Humor und Dramatik: Erzählt wird die Geschichte Isaac Davis’ (Woody Allen), eines Autors, der seinen Lebensunterhalt mit Sketchen fürs Fernsehen verdient. Er ist zweimal geschieden und hat gerade eine Beziehung mit der 17-jährigen Tracy (Mariel Hemingway). Da lernt er seines Tages Mary Wilkie (Diane Keaton), die Geliebte seines verheirateten Freundes Yale kennen. Als Yale und Mary sich trennen, verliebt sich Isaac in sie und trennt sich von Tracy, da er in die Beziehung zu ihr nie große Hoffnungen gesetzt hatte. Als sei dies nicht Aufregung genug, muss er sich auch noch mit Ex-Ehefrau Jill (Meryl Streep) auseinandersetzen, die ein Buch über ihre gemeinsame Ehe geschrieben hat, und wirft spontan seinen Job hin, um ein eigenes Buch zu schreiben …

In dieser in Schwarz-Weiß gedrehten Beziehungskomödie ohne Happy End spielen New York und die Musik George Gershwins bedeutende Nebenrollen. Auch nach 30 Jahren hat der Film nichts von seinem Witz und seiner Originalität eingebüßt.

»Manhattan«. USA, 1979. 1 DVD, MGM. Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch. Länge: ca. 96 Minuten. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 10,–.

Madame Bovary

Mit Gustave Flauberts (1821–1880) Romans »Madame Bovary« beginnt die Geschichte des modernen Romans. Bereits der gekürzte Vorabdruck in der »Revue de Paris« im Jahr 1856 löste einen Literaturskandal aus, als man versuchte, das Buch gerichtlich verbieten zu lassen, da man in ihm einen Verstoß gegen die guten Sitten und die öffentliche Moral sah. Das Gericht folgte zwar den Vorwürfen des Staatsanwaltes nicht und sprach den Autor und den Herausgeber der Zeitschrift frei, aber natürlich sicherte der spektakuläre Prozess der ungekürzten Buchausgabe einen grandiosen Erfolg. Flaubert schrieb dazu am 1. Januar 1857 an seinen Bruder Achille:

Ich werde der Löwe der Woche werden, alle Weibsbilder von Rang reißen sich die Bovary aus den Händen, um Obszönitäten darin zu suchen, die sie nicht enthält.

Tatsächlich ist das Buch für den heutigen Geschmack weniger moralisch anstoßend als in seiner unbarmherzigen Konsequenz erschreckend. Erzählt wird die Ehegeschichte von Charles und Emma Bovary, einem Arztehepaar, das in der Normandie lebt. Emma ist ein junges, in der Welt wenig erfahrenes Mädchen, deren Vorstellungen vom Leben in der Hauptsache aus gefühlvollen Romanen stammen. Doch das Leben mit ihrem braven und provinziellen Ehemann erfüllt keine ihrer Erwartungen, und so lässt sie sich aus Langeweile und Enttäuschung auf verschiedene Affären ein. Auch macht sie aus Gefallsucht gedankenlos immer mehr Schulden, so dass sich ihre Situation schon bald ausweglos zuspitzt …

Ich empfehle, diesen Klassiker in der brillanten Komplettlesung Gert Westphals anzuhören.

Gustave Flaubert: Madame Bovary. Ungekürzte Lesung von Gert Westphal. Berlin: Universal / Deutsche Grammophon, 2005. 11 CDs mit zus. etwa 810 Minuten Laufzeit. Preis: ca. 42,– €.

Goethe & Schiller

Als Goethe 1788 nach Weimar zurückkehrt, findet er dort unter anderem auch den zehn Jahre jüngeren Schiller vor, der in der Weimarer und Jenaer besseren Gesellschaft eine ähnliche Position einnimmt, wie Goethe sie selbst inne hatte als er Ende 1775 nach Weimar kam: Schiller ist ein junges Genie, das sich gerade mit seinen ersten Theater-Erfolgen beim Publikum bekannt gemacht hatte. Goethe dagegen war mit deutlichen Vorbehalten aus Italien zurückgekommen und seine gesellschaftliche Stellung in Weimar ist noch nicht wieder gefestigt: Er hatte die meisten seiner amtlichen Aufgaben nicht wieder aufgenommen, eine Affäre mit einer jungen Frau »aus dem Volke« begonnen und auch sonst den Weimarern Anlass genug für Klatsch und Tratsch geliefert. Und so verläuft die Begegnung 1788 für die beiden Dichtergrößen eher unharmonisch.

Erst 1794 hat sich die Lage für beide deutlich geändert: Schiller hat gerade mit dem schwäbischen Verleger Cotta die Gründung einer neuen Literaturzeitschrift, »Die Horen«, vereinbart und will Goethe als prominenten Mitarbeiter gewinnen. Goethe dagegen fühlt sich literarisch etwas isoliert, fürchtet auch, den Ansprüchen des Publikums nicht mehr wie früher entsprechen zu können. So kommt ihm die engere Bekanntschaft mit Schiller gerade recht, da er in ihm einen unerwartet ideenreichen Gesprächspartner findet. Aus dieser Interessenkonstellation erwächst eine der interessantesten Dichterfreundschaften der deutschen Literatur.

Der bekannte Biograf Rüdiger Safranski hat anlässlich des 250. Geburtstages Schillers eine ausführliche, gut lesbare Darstellung dieser Freundschaft vorgelegt.

Rüdiger Safranski: Goethe & Schiller. Geschichte einer Freundschaft. München: Hanser, 2009. ISBN: 978-3-446-23326-3. Preis: € 21,50.

Capote

Truman Capote wäre am 30. September 85 Jahre alt geworden. Vor 50 Jahren war er der Star der New Yorker Kulturszene: Der Reihe seiner erfolgreichen Bücher und Drehbücher hatte er mit dem kleinen Roman »Frühstück bei Tiffany« die Spitze aufgesetzt. Dabei war er selbst für New Yorker Verhältnisse eine exotische Erscheinung: Seine – bei aller Eloquenz – auffallende Art zu sprechen, seine offen gelebte Homosexualität, seine Art sich zu kleiden – all das hob ihn aus der Masse heraus.

Auf der Suche nach einem neuen Stoff entdeckte Capote Mitte November 1959 eine kurze Meldung über die brutale Ermordung einer vierköpfigen Familie in Kansas. Kurzentschlossen reist er zusammen mit seiner Jugend-Freundin Harper Lee nach Kansas, um vor Ort zu recherchieren, welche Auswirkungen ein solches Verbrechen auf die Bewohner der Kleinstadt Holcomb hat.

Die Recherche erweist sich als unerwartet ergiebig: Obwohl Capote in Kansas noch mehr heraussticht als in New York, erwirbt er sich rasch das Vertrauen der dortigen Menschen. Nicht zuletzt gelingt es ihm, mit einem der beiden bald gefassten Mörder, Perry Smith, ins Gespräch zu kommen. Capote wird die Geschichte der beiden Mörder in seinem Buch »Kaltblütig« zu einem dokumentarischen Roman verarbeiten, der sein letzter großer Erfolg werden wird.

Regisseur Bennett Miller hat mit »Capote« wiederum die jahrelange Recherche Capotes sorgfältig dokumentiert und Schauspieler Philip Seymour Hoffman hat ein erstaunlich präzises und lebensnahes Porträt des Schriftstellers gezeichnet.

»Capote«. USA, 2005. 1 DVD, Sony. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 110 Minuten. Extras: Kommentare von Regisseur, Hauptdarsteller und Kameramann; Making-of. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 9,–.

November 1918

Alfred Döblin (1878–1957) wird oft nur als Autor eines einzigen Buchs wahrgenommen: Mit »Berlin Alexanderplatz« hatte Döblin 1929 den ersten bedeutenden deutschsprachigen Großstadtroman geliefert, beeinflusst einerseits von James Joyces »Ulysses« und John Dos Passos’ »Manhattan Transfer«, andererseits von Erzähltechniken der italienischen Futuristen. Die Geschichte des Franz Biberkopf, der nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis versucht, ein »guter Mensch« zu werden, wurde auch mehrfach verfilmt, zuletzt von Rainer Werner Fassbinder als über 15-stündiger TV-Mehrteiler.

Döblin musste 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen und erreichte über die Schweiz, Frankreich und Portugal schließlich die USA. In den Jahren des Exils entstand unter schwierigen Verhältnissen der umfangreiche Romanzyklus »November 1918«, der auf etwa 2.300 Seiten das Ende des Ersten Weltkriegs und die Zeit des Umbruchs vom deutschen Kaiserreich zur Weimarer Republik beschreibt. Döblin verfolgt in den vier Romanen des Zyklus die Schicksale eines Ensembles, das Figuren von der die politische Führung der entstehenden Republik bis hin zum Berliner Proletariat, von der militärischen Führung bis zum versehrten Kriegsheimkehrer, vom unpolitischen Intellektuellen bis zum politischen Agitator umfasst. Die Handlung präsentiert dabei sowohl konkreten Lebensalltag dieser Umbruchzeit als auch die historische Entwicklungen und politischen Entscheidungen, die diese Zeit geprägt haben. »November 1918« wurde auf diese Weise ein außergewöhnlich lebendiger und anschaulicher Roman über eine der spannendsten Phasen der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Alfred Döblin: November 1918. Eine deutsche Revolution. 4 Bde. dtv 59030. ISBN: 978-3-423-59030-3. Preis: € 68,00. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

Gran Torino

Als Walt Kowalskis (Clint Eastwood) Frau stirbt, machen sich seine beiden Söhne Sorgen um ihn. In seiner alten Detroiter Nachbarschaft leben inzwischen zahlreiche Asiaten, gegen die Walt als Veteran des Korea-Kriegs tiefe Vorurteile hegt. Hinzukommt, dass Walt lange Jahre für die Firma Ford gearbeitet hat und für den Niedergang der amerikanischen Autoindustrie auch die asiatische Konkurrenz verantwortlich macht. Und um all dem auch noch die Krone aufzusetzen, ist auch noch einer seiner Söhne Händler für eine asiatische Automarke. Symbol für seine sentimentale Anhänglichkeit an die »gute, alte Zeit« ist ein 1972-er Ford Gran Torino, der immer noch so gut wie fabrikneu in Walts Garage steht.

Im Nachbarhaus wohnt eine Miao/Hmong-Familie. Thao, der Sohn der Familie, wird von einem Cousin bedrängt, einer Jugendbande beizutreten. Um sich zu beweisen, soll er den Gran Torino Walts stehlen, aber Walt überrascht den Jungen beim Einbruch in die Garage. Und auch als die Jugendbande Thao dazu zwingen will, an einem ihrer abendlichen Züge teilzunehmen, mischt sich Walt ein und vertreibt die Jugendlichen mit vorgehaltenem Gewehr. Als er dann auch noch Thao Schwester Sue aus einer brenzligen Situation rettet, hat er sich endgültig die Dankbarkeit seiner Nachbarn erworben, gegen die auch seine härtesten Vorurteile nichts mehr ausrichten können. Doch der Konflikt mit der Jugendbande spitzt sich weiter zu …

Clint Eastwood hat unter seiner eigenen Regie noch einmal ein Drama um einen Einzelgänger inszeniert, für den Gewalt die einzige Lösung von Problemen zu sein scheint. Allerdings findet der Film ein überraschendes Ende.

»Gran Torino«. USA, 2008. 1 DVD, Warner Brothers. Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch. Länge: ca. 112 Minuten. Extras: FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 14,–.

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Die Vereinigung jiddischer Polizisten

Meyer Landsman ist ein alternder, etwas heruntergekommener Beamter der Mordkommission von Sitka in Alaska. Er ist geschieden, hat ein Alkoholproblem und steht außerdem unmittelbar davor, seinen Job zu verlieren. Da wird er eines Tages in dem Hotel, in dem er wohnt und das auch schon bessere Tage gesehen hat, vom Portier gebeten, sich einen anderen Gast anzuschauen, der offensichtlich ermordet worden ist. Er nannte sich Emanuel Lasker, schien drogensüchtig und Schachspieler zu sein. Meyer Landsman nimmt zusammen mit seinem Kollegen Berko Shemets die Untersuchung des Falles auf und entdeckt bald, dass der vorgebliche Lasker in Wirklichkeit Mendel Shpilman hieß und der Sohn eines der einflussreichsten Rabbiner von Sitka war.

Spätestens an dieser Stelle muss die Besonderheit dieses Kriminalromans erwähnt werden: Autor Michael Chabon lässt seine Geschichte in einem jüdischen Distrikt in Alaska spielen. Sein Sitka ist seit 60 Jahren von Juden bewohnt und verwaltet worden. Im Gegensatz zu der uns bekannten Weltgeschichte verläuft die in Chabons Roman deutlich anders: Die US-Amerikaner habe während des Zweiten Weltkriegs in bedeutendem Umfang jüdische Flüchtlinge aus Europa aufgenommen und in Alaska angesiedelt. Der Staat Israel dagegen ist bereits 1948 im Krieg gegen die Araber wieder untergegangen.  Sitka ist daher das einzige zusammenhängende jüdische Siedlungsgebiet. Dort lebt eine Gemeinschaft mit eigener Kultur und Sprache, eigenen Sitten und Gesetzen.

Chabon ist mit dieser alternativen Weltgeschichte ein ganz außergewöhnlicher Wurf gelungen, der aus einem eher traditionellen Kriminalroman ein überraschendes Leseabenteuer macht.

Michael Chabon: Die Vereinigung jiddischer Polizisten. dtv 13793 ISBN: 978-3-423-13793-5. Preis: € 9,90. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.