Als Goethe 1788 nach Weimar zurückkehrt, findet er dort unter anderem auch den zehn Jahre jüngeren Schiller vor, der in der Weimarer und Jenaer besseren Gesellschaft eine ähnliche Position einnimmt, wie Goethe sie selbst inne hatte als er Ende 1775 nach Weimar kam: Schiller ist ein junges Genie, das sich gerade mit seinen ersten Theater-Erfolgen beim Publikum bekannt gemacht hatte. Goethe dagegen war mit deutlichen Vorbehalten aus Italien zurückgekommen und seine gesellschaftliche Stellung in Weimar ist noch nicht wieder gefestigt: Er hatte die meisten seiner amtlichen Aufgaben nicht wieder aufgenommen, eine Affäre mit einer jungen Frau »aus dem Volke« begonnen und auch sonst den Weimarern Anlass genug für Klatsch und Tratsch geliefert. Und so verläuft die Begegnung 1788 für die beiden Dichtergrößen eher unharmonisch.
Erst 1794 hat sich die Lage für beide deutlich geändert: Schiller hat gerade mit dem schwäbischen Verleger Cotta die Gründung einer neuen Literaturzeitschrift, »Die Horen«, vereinbart und will Goethe als prominenten Mitarbeiter gewinnen. Goethe dagegen fühlt sich literarisch etwas isoliert, fürchtet auch, den Ansprüchen des Publikums nicht mehr wie früher entsprechen zu können. So kommt ihm die engere Bekanntschaft mit Schiller gerade recht, da er in ihm einen unerwartet ideenreichen Gesprächspartner findet. Aus dieser Interessenkonstellation erwächst eine der interessantesten Dichterfreundschaften der deutschen Literatur.
Der bekannte Biograf Rüdiger Safranski hat anlässlich des 250. Geburtstages Schillers eine ausführliche, gut lesbare Darstellung dieser Freundschaft vorgelegt.
Rüdiger Safranski: Goethe & Schiller. Geschichte einer Freundschaft. München: Hanser, 2009. ISBN: 978-3-446-23326-3. Preis: € 21,50.