Am Ende des Weges

Felix Bush (Robert Duvall) lebt seit 40 Jahren als Einsiedler in den Wäldern Tennessees. Manchmal ärgern ihn die Kinder der nahegelegenen Kleinstadt, aber sonst hat er keinen Kontakt mit seinen Mitmenschen und will auch keinen. Doch als ihn eines Tages der lokale Priester (Gerald McRaney) aufsucht, um ihm mitzuteilen, dass ein alter Bekannter gestorben ist, wird ihm klar, dass auch sein eigener Tod nah bevorsteht.

So macht er sich in die Stadt auf, um sein Begräbnis zu organisieren: Der Pfarrer weist ihn ab, da er nicht gläubig genug sei, doch der örtliche Beerdigungsunternehmer (Bill Murray), der händeringend nach »Kunden« sucht, empfängt ihn mit offenen Armen. So ist der Bestatter auch nur mäßig überrascht, dass Felix Bush seine Begräbnisfeier noch zu seinen Lebzeiten ausrichten lassen will. In der Gegend laufen wilde Gerüchte über Felix Bush um: Der habe mehrere Leute umgebracht, werde von der Polizei gesucht und lebe deswegen als Einsiedler. Aber Bush hat seine eigene Geschichte zu erzählen, und er will sie allen Menschen der Gegend erzählen, bevor er stirbt. Und so werden die Vorbereitungen für die große Begräbnisfeier zugleich eine Reise in seine Vergangenheit.

Regisseur Aaron Schneider, der zuvor schon lange Zeit Erfahrungen als Kameramann gesammelt hatte, drehte seinen ersten Spielfilm nach einem Originaldrehbuch, das eine wahre Geschichte nacherzählt. Mit einem außergewöhnlichen Ensemble erfahrener Schauspieler schafft er ein ungewöhnliches Charakterstück, das ohne jede Effekthascherei auskommt.

»Am Ende des Weges«. USA/D/PL, 2009. 1 DVD, Sony. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 99 Minuten. Extras: Audio-Kommentar von Regisseur, Produzent und Darstellern; Interviews mit Regisseur und Darstellern u. a. FSK: ab 6 Jahren. Preis: ca. € 16,–. Dieser Titel kann auch in der Stadtbibliothek Solingen entliehen werden.

Der Tod in Venedig

Gustav Aschenbach, alternder Schriftsteller und geistiger Urenkel der deutschen Klassik, fühlt sich etwas angegriffen und kommt mir seinem jüngsten Werk nicht so recht voran. Deshalb entschließt er sich gegen seine Gewohnheit zu einer Urlaubsreise und landet, nach einer Zwischenstation, schließlich in Venedig. Obwohl das Wetter schlecht ist und ihm das Klima in der Stadt nicht gut bekommt, entschließt er sich, vorerst in der Stadt zu bleiben. Da fällt ihm in seinem Hotel ein 14-jähriger Pole auf, der ihm von überirdischer Schönheit zu sein scheint. Tadzio, so sein Name, ist zusammen mit seiner Mutter und seinen Schwestern ebenso wie Aschenbach als Tourist in Venedig. Zu Anfang scheint der Schriftsteller nur neugierig zu sein, aber je länger sein Aufenthalt dauert, desto stärker und erotischer werden seine Gefühle für den Knaben, der Aschenbachs Interesse an ihm durchaus bemerkt und damit kokettiert.

Aschenbach versucht sich diesem Gefühl durch eine Abreise zu entziehen, doch als man sein Gepäck zufällig in die falsche Richtung verschickt, nutzt er dieses Missgeschick, um am Ort zu bleiben. Auch als die Cholera in Venedig ausbricht und die meisten Sommergäste die Stadt verlassen, bleibt Aschenbach vor Ort und in der Nähe Tadzios.

Wir wissen heute, dass Thomas Mann die meisterhafte Erzählung entlang eigener Erlebnisse geschrieben hat, ja wir kennen inzwischen sogar das reale Vorbild für den schönen Tadzio. Aber auch abgesehen vom biographischen Hintergrund erweist sich diese Novelle mit ihrer Motivik, den Vorausdeutungen und Spiegelungen und nicht zuletzt ihrer Sprache als eine Perle deutscher Erzählkunst.

Thomas Mann: Der Tod in Venedig. Fischer Tb. 11266. ISBN: 978-3-596-11266-1. Preis: € 6,95.

Traumnovelle

Im Jahr 1926 erschien im S. Fischer Verlag in Berlin ein kleines Büchlein von Arthur Schnitzler (1862–1931), das zum einen auf die letzte Jahrhundertwende zurückblickte, zum anderen aber schon viel von der Krise der bürgerlichen Ehe im 20. Jahrhundert vorwegnahm.

Erzählt wird die Geschichte von Fridolin, einem 35 Jahre alten, Wiener Arzt, der etwa seit sieben Jahren mit Albertine verheiratet ist, mit der zusammen er eine sechsjährige Tochter hat. Die Eheleute waren am Abend, bevor die Erzählung einsetzt, auf einem Karnevalsball gewesen und hatten dort, jeder für sich, einen kleinen erotischen Flirt erlebt, von dem sich die beiden nun am Abend danach erzählen. Aber es bleibt nicht dabei: Albertine gesteht ihrem Mann, dass sie sich im letzten Urlaub in Dänemark haltlos in einen jungen Mann verliebt hatte, ohne mit ihm auch nur ein einziges Wort gewechselt zu haben.

Dieses offenherzige Geständnis seiner Frau wirft Fridolin aus seiner alltäglichen Routine. Als er ans Sterbebett eines Patienten gerufen wird, kehrt er von dort aus nicht heim, sondern durchläuft eine sich steigernden Reihe erotischer Abenteuer, die schließlich im Besuch einer geheimen Orgie endet. Dort wird er aber bald als nicht geladener Gast erkannt und aus dem Haus geworfen. Als er schließlich am frühen Morgen doch nach Hause zurückfindet, erzählt ihm seine aufwachende Frau einen Traum, der Fridolins Krise noch weiter vertieft. So macht er sich am nächsten Tag auf, die Geheimnisse der vergangenen Nacht zu lüften …

Schnitzlers »Traumnovelle« hat bis heute nichts von ihrer Faszination verloren und diente Stanley Kubrick Ende der 90er Jahre als Vorlage für seinen letzten Spielfilm »Eyes Wide Shut«.

Arthur Schnitzler: Traumnovelle. Reclam UB 18455. ISBN: 978-3-15-018455-4. Preis: € 2,60.

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Sherlock Holmes

Als Arthur Conan Doyle 1887 seinen ersten Sherlock-Holmes-Roman »Eine Studie in Scharlachrot« veröffentlichte, ahnte er wohl kaum, dass er mit Holmes eines der wichtigsten Muster für ein ganzes Literatur-Genre des 20. Jahrhunderts liefern würde: den analytischen Detektiv.

Nun hat sich aufgrund der zahlreichen Verfilmungen der Holmes-Erzählungen und -Romane bei den meisten Lesern ein typisches Bild des Londoner Privat-Ermittlers herausgebildet: Holmes als gediegene, etwas ältere Erscheinung, gekleidet in karierten Tweed, mit einer ebensolchen Jagdkappe und einer stets brennenden Pfeife. Der aufmerksame Leser der Bücher weiß aber, dass es sich bei Holmes um einen durchaus sportlichen Mann handelt, der eine Neigung zum Drogenkonsum hat, das Geigenspiel mehr liebt als wirklich beherrscht und wohl eher als Außenseiter der guten Gesellschaft anzusehen ist. Auch von seinem Begleiter Dr. Watson haben die meisten eine recht falsche Vorstellung.

Schon von daher ist es sehenswert, wie der britische Regisseur Guy Ritchie die Holmes-Figur aufpoliert: Sein Holmes (Robert Downey jr.) ist schnell, athletisch, ein Faust-Kämpfer von großem Geschick und zugleich ein Grenzgänger zwischen Genie und Wahnsinn. Und auch Dr. Watson (Jude Law) wird deutlich verjüngt. In ihm erkennt man erstmals Doyles Afghanistan-Veteranen, der dabei ist, sich wieder in seiner Heimat zu etablieren. Ein flotter und witziger Film, der das London des späten 19. Jahrhunderts noch einmal in all seiner Modernität und Faszination erstehen lässt.

»Sherlock Holmes«. USA, 2009. 1 DVD, Warner Brothers. Sprache: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 123 Minuten. Extras: »Der moderne Sherlock Holmes«. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 6,–.

Tauben im Gras

Wolfgang Koeppen (1906–1996) war wohl einer der wenigen Nachkriegsautoren, der sich der uneingeschränkten Bewunderung Marcel Reich-Ranickis erfreuen durfte. Nach journalistischen Anfängen und zwei Romanveröffentlichungen vor dem Zweiten Weltkrieg kam sein großer Erfolg in den Jahren nach dem Krieg. Zwischen 1951 und 1954 erschien seine »Trilogie des Scheiterns«, mit der Koeppen nicht nur an die internationale europäische Erzähltradition der Moderne anschloss, sondern auch ein bestechend scharfes und kritisches Bild der deutschen Nachkriegsgesellschaft lieferte.

»Tauben im Gras« (1951) ist der erste Band dieser Trilogie. Erzählt wird auf gut 200 Seiten ein einziger Tag in der Zeit nach der Währungsreform wahrscheinlich in München, auch wenn der Name der Stadt nirgends genannt wird. Koeppen verfolgt den Weg von etwa einem Dutzend Haupt- und zahlreichen Nebenfiguren an diesem Tag, so etwa den des Schriftstellers Philipp, der nicht nur unter einer Schreibblockade leidet, sondern auch unter der schwierigen Beziehung zu seiner Freundin Emilia, der letzten Erbin einer einstmals reichen und einflussreichen Familie. Philipp steht der Dichter Edwin gegenüber, der an diesem Tag in die Stadt kommt, um einen Vortrag zu halten; auch der Soldat Odysseus Cotton kommt an diesem Tag in die Stadt, die er den ganzen Tag lang zusammen mit dem Dienstmann Joseph ziellos durchstreifen wird.

Aus dem Zusammenspiel der zufälligen Bewegungen seiner Figuren durch die Stadt – darauf spielt der Titel »Tauben im Gras« an – entsteht ein so prägnantes Gesamtbild der Gesellschaft der jungen Bundesrepublik, wie man es andernorts kaum noch einmal finden wird.

Wolfgang Koeppen: Tauben im Gras. Suhrkamp Taschenbuch 601. ISBN: 978-3-518-37101-5. Preis: € 8,00.

Inception

Cobb (Leonardo DiCaprio) führt ein nicht ganz legales Geschäft: Mit einem kleinen Team arbeitet er als Wirtschafts-Spion. Er ist darauf spezialisiert, Geheimnisse direkt aus den Köpfen führender Manager zu extrahieren. Er versetzt sie dazu in einen künstlichen Traum mit einer Traumwelt, die das Unbewußte des Träumenden widerspiegelt, über die der Träumer aber letztlich keine Kontrolle hat. Als Figur in dieser Traumwelt schleicht sich Cobb in das Vertrauen des Träumers ein und verführt ihn dazu, seine Geheimnisse preiszugeben. Diese lukrative, aber nicht ganz ungefährliche Beschäftigung ist jedoch nicht das einzige Problem, das Cobb hat: Er wird in den USA unter dem Verdacht gesucht, seine Frau getötet zu haben. Ihm ist es deshalb nicht möglich, nach Hause zurückzukehren und seine beiden Kinder zu sehen.

Doch es bietet sich ihm unverhofft eine Chance: Er bekommt den Auftrag, dem Erben eines mächtigen Wirtschaftsimperiums nicht ein Geheimnis zu entlocken, sondern ihm im Traum einen Gedanken einzupflanzen. Der Auftraggeber ist ein verzweifelter Konkurrent, der Cobb verspricht, den Haftbefehl gegen ihn verschwinden zu lassen. Cobb stellt ein Team zusammen, mit dem er während eines 10-stündigen Pazifikflugs das nahezu unmögliche versuchen will …

Star-Regisseur Christopher Nolan, der bereits mit »Memento« (2000) einen der ungewöhnlichsten Filme der letzten Jahre abgeliefert hatte, erschafft in »Inception« Traumszenarien, wie sie zuvor auf der Leinwand noch nicht zu sehen waren. Ein Actionfilm in bester Hollywood-Tradition und zugleich ein intelligentes Spiel auf mehreren Traumebenen.

»Inception«. USA, 2010. 1 DVD, Warner Brothers. Sprache: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 142 Minuten. Extras: Vier Featurettes. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 7,–.

Kein Ort. Nirgends

Erfundene Gespräche zwischen Personen, die einander nie begegnet sind, haben eine lange literarische Tradition. Bereits der spätantike Dichter Lukian von Samosata (ca. 120–180) lieferte mit seinen »Totengesprächen«, deren Einfall wohl direkt auf die Homerische »Odyssee« zurückgeht, eine viele Jahrhunderte lang wirksame Vorlage. Selbst im 20. Jahrhundert finden sich noch zahlreiche Beispiele, wenn auch nicht immer als Gespräche nach dem Tod ausgeführt.

Eines der Beispiele ist Christa Wolfs Erzählung »Kein Ort. Nirgends«, in der sie eine Begegnung zwischen der Schriftstellerin Karoline von Günderrode und Heinrich von Kleist erfindet, die in Wirklichkeit niemals stattgefunden hat. Wolf bringt dazu im Juni 1804 im kleinen Ort Winkel am Rhein im Sommerhaus der Frankfurter Familie Brentano eine illustre Gesellschaft zusammen: Unter anderen sind der romantische Schriftsteller Clemens Brentano zusammen mit seiner Frau Sophie und seinen Schwestern Bettine und Gunda anwesend, der Jurist Friedrich Carl von Savigny mit Frau und der Wissenschaftler Christian von Esenbeck. In dieser Gesellschaft fühlen sich sowohl Karoline von Günderrode als auch Heinrich von Kleist als Außenseiter. Sie nutzen deshalb bald die Gelegenheit, sich auf einem Spaziergang von den anderen abzusetzen und ein Gespräch zu führen, in dem beider Missverhältnis zu der sie umgebenden Welt Thema ist.

Christa Wolf hat mit »Kein Ort. Nirgends« (was übrigens die Eindeutschung des Wortes »Utopie« ist) nicht nur zwei außergewöhnliche Persönlichkeiten zusammengebracht, sondern auch eine Allegorie der Einsamkeit des Schriftstellers in einer Diktatur geschaffen.

Christa Wolf: Kein Ort. Nirgends. Suhrkamp BasisBibliothek 75. ISBN: 978-3-518-18875-0. Preis: € 7,00. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

Nachtwachen von Bonaventura

Im Jahr 1804 erschien unter dem Pseudonym Bonaventura ein Büchlein, dessen Autor für mehr als 180 eines der großen Rätsel der Germanistik blieb. Allerdings wurden die »Nachtwachen« von den Zeitgenossen wenig beachtet. Erst 1870 erklärte der Philosoph Rudolf Haym in seinem Buch »Die romantische Schule« die »Nachtwachen« gehörten »ohne Zweifel zu den geistreichsten Produktionen der Romantik«. Wer allerdings der Autor sei, konnte auch Haym nicht sagen. Unter Verdacht stand zwar der Philosoph Schelling, der nachweislich einige Gedichte unter dem Pseudonym Bonaventura veröffentlicht hatte, aber sehr bald wurden zahlreiche andere Kandidaten diskutiert, darunter auch Berühmtheiten wie Clemens Brentano, Achim von Arnim oder E.T.A. Hoffmann. Erst 1987 konnte durch den Fund einer Handschrift mit einiger Sicherheit der Autor ermittelt werden: August Klingemann (1777–1831), ein sonst vergessener Dramatiker der Romantik, der sich nie öffentlich zu seinem wichtigsten Werk bekannt hat.

Erzählt wird in 16 Nachtwachen die Geschichte des Nachtwächters Kreuzgang, der als Verrückter gilt und dem man, um ihn zu versorgen, auf den Posten des Nachtwächters abgeschoben hat. Kreuzgang ist ein Findelkind (benannt nach dem Fundort) und kommentiert die gutbürgerliche Gesellschaft aus der Sicht des ewigen Außenseiters. Besonders die Kirche und ihre Würdenträger, aber auch die Mächtigen, selbstgerechte Beamte und behäbige Bürger bekommen ihr Fett weg. Der Text ist ein Gemisch aus Monolog, Erzählungen, Reden, Reflexionen und lyrischen Passagen und widersetzt sich auch auf diese Weise einer glatten Einordnung. Es handelt sich immer noch um einen echten, mehr als 200 Jahre alten Geheimtipp.

Nachtwachen von Bonaventura. Reclam UB 8926. ISBN: 978-3-15-008926-2. Preis: € 5,00. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

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Das Todesjahr des Ricardo Reis

Obwohl er zu seinen Lebzeiten nur ein einziges Buch veröffentlicht hat, gilt Fernando Pessoa (1888–1935) heute als einer der bedeutendsten Autoren Portugals. Das liegt zum einen daran, dass er 20 Jahre lang an jeder bedeutende literarischen Zeitschrift Portugals als Gründer oder Beiträger beteiligt war, zum anderen, dass von ihm ein umfangreicher literarischer Nachlass existiert, den man bis heute noch nicht gänzlich ausgeschöpft hat. Das Besondere aber an den Schriften Pessoas ist, dass sie nicht nur sehr widersprüchliche Tendenzen in sich vereinen, sondern dass Pessoa sich für die unterschiedlichen Teile seines Gesamtwerks verschiedene Autoren erfunden hat, denen er diese Teile zuschreibt.

Über einen dieser erfundenen Autoren, Ricardo Reis, hat der portugiesische Literatur-Nobelpreisträger José Saramago (1922–2010) eine Roman geschrieben. Saramago lässt Reis Ende des Jahres 1935 aus Brasilien nach Portugal zurückkehren, wohin ihn Fernando Pessoa den Arzt im Jahr 1919 hatte auswandern lassen. Reis kehrt zurück, weil ihn die Nachricht vom Tode Pessoas erreicht hat. Und so besucht er gleich am Tag nach seiner Ankunft dessen Grab, doch dauert es nicht lange, bis sich der Geist Pessoas leibhaftig in Ricardos Hotelzimmer einfindet, um mit seiner Erfindung ein wenig über Leben und Tod zu plaudern …

Saramago schildert nicht nur, wie sich Ricardo Reis langsam wieder in Lissabon einlebt, sondern stellt wie nebenbei auch die portugiesisch-spanische Geschichte des Jahres 1936 dar. Das alles geschieht in langen, schwingenden und sehr musikalischen Sätzen. Ein überraschend vielfältiges Buch für geduldige Leser.

José Saramago: Das Todesjahr des Ricardo Reis. Aus dem Portugiesischen von Rainer Bettermann. rororo Taschenbuch 22308. ISBN: 978-3-499-22308-2. Preis: € 9,90. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

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Vincent will Meer

Als Vincents (Florian David Fitz) Mutter stirbt, weiß sein Vater (Heino Ferch) sich nicht anders zu helfen, als ihn zur Therapie in eine ländliche Klinik zu schicken. Vincent leidet am Tourette-Syndrom, das heißt, dass er nicht in der Lage ist, seine Impulse zu beherrschen, und deshalb immer wieder in unkontrolliertes Fluchen und Zucken ausbricht. In der Klinik lernt Vincent rasch zwei andere Patienten kennen: seinen zwangsneurotischen Zimmergenossen Alexander (Johannes Allmayer) und die magersüchtige Marie (Karoline Herfurth). Und als Marie der Klinik-Psychologin Dr. Rose (Katharina Müller-Elmau) die Autoschlüssel stiehlt, macht sich dieses ungleiche Trio auf den Weg ans Mittelmeer, wo Vincents Eltern ihre glücklichste Zeit verbracht haben.

Vincents Vater, ein Politiker, der nicht an negativer Presse interessiert ist, und Frau Dr. Rose verfolgen die Drei und holen sie auch tatsächlich ein. Aber anstatt sie zur Umkehr zwingen zu können, tauschen die jungen Leute das klapperige Auto der Therapeutin gegen den schicken Audi von Vincents Vater und setzen ihre Fahrt nach Italien fort. Dort angekommen, wird es allerdings für Vincent Zeit, erwachsen zu werden …

Der routinierte TV- und Spielfilm-Regisseur Ralf Huettner (»Die Musterknaben«) hat nach dem Drehbuch seines Hauptdarstellers Florian David Fitz ein humorvolles und einfühlsames Roadmovie gedreht. Besonders aufgrund der überzeugenden schauspielerischen Leistungen der drei Protagonisten war der Film an den Kinokassen ein Überraschungserfolg.

»Vincent will Meer«. D, 2010. 1 DVD, Constantin. Sprache: Deutsch. Länge: ca. 90 Minuten. Extras: Making-of, Interviews, zusätzliche Szenen, Audiokommentar von Regisseur und Drehbuch-Autor. FSK: ab 6 Jahren. Preis: ca. € 10,–.