Julie & Julia

Julia Child (1912–2004) war seit den sechziger Jahren eine landesweit bekannte US-amerikanische Kochbuchautorin und Fernseh-Köchin. Ihr Buch »Mastering the Art of French Cooking« (»Die französische Kochkunst meistern«) waren fĂŒr Jahrzehnte ein amerikanisches Standardwerk, und und ihre Fernsehserie »The French Chef« (»Der französische Koch«) machte die nordamerikanische Hausfrau zum ersten Mal ĂŒberhaupt mit den Geheimnissen der französischen KĂŒche vertraut. Julia Child hatte von 1948 bis 1954 in Frankreich gelebt, da ihr Mann als Diplomat dorthin versetzt worden war, und an der Pariser Kochschule »Cordon Bleu« das Kochen gelernt. In dieser Zeit lernte sie auch Simone Beck und Louisette Berthold kennen, mit denen zusammen eine Kochschule grĂŒndete und die spĂ€ter Co-Autorin ihres Kochbuchs werden sollten.

Julie Powell ist eine frustrierte Angestellte einer Agentur, die sich um Opfer des Anschlags auf das World Trade Center kĂŒmmert. Auf der Suche nach einem Ausgleich nimmt sie sich vor, innerhalb eines Jahres alle 524 Rezepte in Julia Childs Kochbuch zu kochen und ihren Fortschritt in einem Blog zu dokumentieren. Je weiter sie sich vorarbeitet, desto beliebter wird ihr Blog, so dass schließlich sogar die ĂŒberregionale Presse ĂŒber ihr Projekt berichtet.

Regisseurin und Drehbuchautorin Nora Ephron (»Harry und Sally«, »E-Mail fĂŒr Dich«) hat aus diesen beiden wahren Geschichten eine leichte und lebensfrohe Komödie gemacht, in der sie beide Geschichten abwechselnd erzĂ€hlt. Ein Film der Spaß und Appetit macht!

»Julie & Julia«. USA, 2009. 1 DVD, Sony/Columbia. Sprachen: Deutsch, Englisch. LĂ€nge: ca. 118 Minuten. Extras: Making-of, Audiokommentar der Regisseurin. FSK: ab 0 Jahren. Preis: ca. € 7,–.

Ein schlichtes Herz

Unter dem schlichten Titel »Drei ErzĂ€hlungen« erschien 1877 in Paris ein Band mit Geschichten aus der Feder Gustave Flauberts, die von Kritikern und Kollegen hoch gelobt wurden. Im Kleinen spiegelt jeder der drei Texte einen Aspekt des Flaubertschen Romanwerks wieder, so dass der nicht einmal 140 Seiten umfassende Band von Kennern durchaus fĂŒr gleichrangig mit Flauberts Romanen gehalten wird.

Die Auftaktgeschichte »Ein schlichtes Herz« erzĂ€hlt die Lebensgeschichte FĂ©licitĂ©s, die 50 Jahre lang als MĂ€dchen fĂŒr alles im Haushalt der verwitweten Madame Aubain arbeitet. Von zu Hause war sie weggelaufen wegen einer unglĂŒcklichen Liebe, und kaum in Pont-l’ÉvĂȘque angekommen war sie Madame Aubain in die Arme gelaufen, die gerade eine neue Köchin suchte. FĂ©licitĂ© geht ganz im Dienst fĂŒr diese Familie auf; die Kinder Madame Aubains werden fĂŒr sie wie ihre eigenen Kinder, und als die junge Virginie an einer LungenentzĂŒndung stirbt, beginnt sie einen kleinen Totenkult um sie. Flaubert gelingt es auf knapp 50 Seiten dieses einfache Leben vollstĂ€ndig zu erfassen: FĂ©licitĂ©s Alltag, ihre Arbeit, ihre unverbrĂŒchliche Treue zu ihrer Herrin, ihre naive Frömmigkeit, ihr Kult um die Toten, ihre Liebe nicht zuletzt zu einem Papagei, den sie noch in ausgestopftem Zustand wie eine Reliquie verehrt, alle diese Elemente fĂŒgen sich still und leise zum Lebensbild einer Frau zusammen, die ein schlichtes und dennoch berĂŒhrendes Leben hatte.

ErgĂ€nzt wird das Buch durch »Die Legende von Sankt Julian dem Gastfreien«, eine etwas blutrĂŒnstigen Heiligenlegende, und »Herodias«, eine NacherzĂ€hlung der biblischen Geschichte vom Tod Johannes des TĂ€ufers.

Gustave Flaubert: Drei ErzĂ€hlungen. Aus dem Franz. von E. W. Fischer. Diogenes Taschenbuch 20724. ISBN: 978-3-257-20724-8. Preis: € 7,90.

Balzac

HonorĂ© de Balzac (1799–1850), Schöpfer des riesigen ErzĂ€hlzyklus der »Menschlichen Komödie«, hat ein unglaublich spannendes und bewegtes Leben gefĂŒhrt. Stets musste er sich mit seinen wachsenden Schulden und seinen GlĂ€ubigern herumschlagen, was ihn allerdings nicht davon abhielt, seinen luxuriösen Lebensstil fortzufĂŒhren, ja den Luxus entgegen besserer Einsicht noch weiter zu steigern. Rettung erhoffte sich Balzac immer erneut durch irgendwelche wundersamen GeschĂ€ftsgewinne – alle Versuche in dieser Richtung endeten bereits nach kurzer Zeit im nĂ€chsten finanziellen Desaster – oder durch eine vorteilhafte reiche Heirat, die ihn auf einen Schlag von allen Sorgen befreien sollte. Mehr der Not als der Neigung gehorchend sah er sich gezwungen, sich auf sein einziges wirkliches Talent, das Schreiben, zu stĂŒtzen, um wenigstens den dringendsten Luxus finanzieren zu können. Besonders von strohgelben GlacĂ©handschuhen musste Balzac jederzeit ein oder zwei Dutzend Paar zur VerfĂŒgung haben, um sich wohl zu fĂŒhlen.

Johannes Willms Biographie Balzacs nimmt sich ĂŒber Strecken wie eine Sammlung von Klatsch und Tratsch aus. Doch wie schon fĂŒr seinen »Napoleon« wertete Willms umfangreich Briefzeugnisse aus, um ein möglichst genaues und persönliches Bild zu zeichnen. Dabei weicht er den unvorteilhaften ZĂŒgen Balzacs nicht aus: nicht dem schwierigen VerhĂ€ltnis zur Mutter, nicht seiner rĂŒcksichtslosen Ausnutzung anderer Menschen, nicht seiner Verlogenheit sich und anderen gegenĂŒber, nicht seiner Neigung, die Verantwortung fĂŒr seine Misere auf andere zu schieben. Eine interessante und exzellent geschriebene Biografie.

Johannes Willms: Balzac. ZĂŒrich: Diogenes, 2007. ISBN: 978-3-257-06624-1. Preis: € 24,90. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen ĂŒber die Bergisch-Bib entliehen werden.