Zwischen 1975 und 1982 erschienen fünf autobiographische Erzählungen des österreichischen Schriftstellers Thomas Bernhard (1931–1989), in denen er sich an seine Kindheit und Jugend zurückerinnert. Bernhard war als uneheliches Kind geboren worden und lebte zuerst bei seinen Großeltern mütterlicherseits in Wien, da seine Mutter, die als Dienstbotin in den Niederlanden arbeitete, sich nicht um ihn kümmern konnte. Mit 10 Jahren wurde Bernhard in einem nationalsozialistischen Erziehungsheim im thüringischen Saalfeld untergebracht, ab 1943 lebte er im Internat des Johanneums in Salzburg, das ebenfalls Teil der NS-Erziehungsmaschinerie war. Mit dieser Salzburger Zeit setzt die Niederschrift seiner Erinnerungen ein.
Bernhard, der sich schon als Kind als künstlerisch, musikalisch hoch begabt erwies, schildert zu Anfang intensiv sein Unglück in der »Geistesvernichtungsanstalt« des Johanneums, in der er sich zuerst einer nationalsozialistischen, nach Kriegsende dann einer katholisch-religiösen Indoktrination ausgesetzt sah. Bernhard bricht dann die verhasste Schulausbildung ab und beginnt eine Ausbildung als Kaufmannsgehilfe in einer Salzburger Lebensmittelhandlung. Hier erkrankt er an einer Lungentuberkulose, die den Aufenthalt in zahlreichen Lungensanatorien erzwingt.
Bernhard schildert auf über 500 Seiten nicht nur die Ursachen für seine eigenen Menschenverachtung, die ihn zu einem der schärfsten Kritiker der österreichischen Nachkriegsgesellschaft hat werden lassen, sondern setzt auch seinen Großeltern, besonders seinem immer an ihn glaubenden und ihn fördernden Großvater ein eindrucksvolles Denkmal.
Thomas Bernhard: Die Autobiographie. St. Pölten: Residenz Verlag, 2009. ISBN: 978-3-7017-1520-6. Preis: € 25,00. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.