Der Totschläger

Mit seinem 20-bändigen Romanzyklus »Die Rougon-Macquart« hatte sich der französische Schriftsteller Émile Zola (1840–1902) nicht nur das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Geschichte einer ganzen Familie über mehrere Generationen hinweg zu erzählen, sondern er wollte zugleich auch das Porträt einer ganzen Epoche, des sogenannten Zweiten Kaiserreichs (1852–1870), liefern. Die Romane des Zyklus enthalten daher Geschichten aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten.

Der Totschläger ist aber nun nicht, wie man vermuten könnte, ein Gewaltmensch, sondern der Name einer billigen Pariser Kneipe, die im Niedergang der Heldin des Romans, der Wäscherin Gervaise Macquart eine zentrale Rolle spielt. Gervaise hat zwei uneheliche Kinder von ihrem Geliebten Auguste Lantier, der sie zu Anfang des Romans wegen einer anderen Frau verlässt. Doch Gervais findet bald einen neuen Verehrer: den Dachdecker Coupeau, der sie zur Heirat drängt. In der ersten Zeit arbeiten beide hart, und Gervaise macht sich Hoffnung, sich mit einer eigenen Wäscherei selbstständig machen zu können. Doch dann fällt Coupeau vom Dach und ist monatelang krank, was die Ersparnisse des Paars beinahe vollständig auffrisst.

Dennoch gelingt Gervaise der Schritt in die Selbstständigkeit, als ihre Nachbarn anbieten, ihr das benötigte Kapital zu leihen. Auch dann scheint zuerst noch alles gut zu gehen; nur Coupeau hat sich an das süße Nichtstun gewöhnt und arbeitet nur noch sporadisch. Als er dann auch noch beginnt zu trinken, ahnt der Leser bereits, auf welches dunkle Ende diese Geschichte zusteuert.

Émile Zola: Der Totschläger. Aus d. Französ. v. Gerhard Krüger. Aufbau Taschenbücher Bd.1107. ISBN: 978-3-7466-1107-5. Das Buch ist derzeit nur antiquarisch lieferbar. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

Unsichtbar

Paul Auster (geb. 1947) beherrscht die Kunst, literarisch anspruchsvolle und zugleich unterhaltsame und spannende Bücher zu schreiben. Sein jüngstes Buch ist einmal mehr ein Beweis dafür.

»Unsichtbar« beginnt mit den Erlebnissen Adam Walkers, eines jungen Schriftstellers, der im Frühjahr 1967 in New York Literatur studiert. Auf einer Party lernt er Rudolf Born, einen Gastdozenten an seiner Universität, und dessen Freundin Margot kennen. Nur wenige Tage später trifft Adam erneut auf Born, der ihm ein ungewöhnliches Angebot macht: Er habe etwas Geld geerbt und plane, eine literarische Zeitschrift zu gründen. Allerdings brauche er einen Chefredakteur, der sich um alles kümmere; ob Adam diesen Job übernehmen wolle. Adam will eine solche Chance natürlich nicht ausschlagen, und so beginnt für ihn eine höchst abenteuerliche Bekanntschaft.

Der zweite Teil des Buches setzt 40 Jahre später ein: Wir lernen James Freeman kennen, einen erfolgreichen Schriftsteller, der zusammen mit Walker studiert hat. Wir erfahren, dass es sich beim ersten Teil um den Entwurf eines Romans von Walker handelt. Er ist schwer an Krebs erkrankt und bittet Freeman um kollegiale Hilfe bei der Fortsetzung des Romans. Freeman gibt einige Tipps und hält schon bald den zweiten Teil des Romans in Händen, der nicht weniger abenteuerlich von den weiteren Erlebnissen Walkers erzählt. Als Freeman endlich Walker besuchen will, erfährt er, dass der kurz zuvor verstorben ist. Aber er hat einen Entwurf des dritten Teils seines Romans hinterlassen, der in Paris spielt. Neugierig geworden, beginnt Freeman zu recherchieren, wie viel von Adams Roman auf Wahrheit beruht …

Paul Auster: Unsichtbar. Reinbek: Rowohlt, 2010. ISBN: 978-3-498-00081-3. Preis: € 19,95.