Bill Brysons Shakespeare

Der US-amerikanische Journalist und Schriftsteller Bill Bryson (geb. 1951 in Iowa) wurde an dieser Stelle vor einiger Zeit bereits mit seinem Buch »Eine kurze Geschichte von fast allem« vorgestellt. Bryson hat ein außergewöhnliches Talent, in seinen Bücher seine offenbar unbegrenzte Neugier fruchtbar zu machen und seinen Lesern auch komplizierte oder abgelegene Probleme eingängig nahezubringen. Da Bryson einen bedeutenden Teil seines Lebens in England verbracht hat, ist es nicht verwunderlich, dass er sich in einem seiner neuesten Bücher der Person bzw. dem Problem Shakespeares widmet.

Im Wesentlichen besteht das Problem der modernen Leser mit Shakespeare darin, dass wir über seine Person nur sehr wenig Faktenwissen haben. Zwar wissen wir über Shakespeare mehr als über die anderen Dichter seiner Zeit, aber dennoch genügt das Material nicht für eine Biografie, wie wir sie gewohnt sind. Das hindert Shakespeare-Forscher allerdings nicht daran, dicke Wälzer über ihn zu verfassen.

Bill Brysons Buch über Shakespeare hat zwei Vorteile: Zum einen ist es knapp und auf das Wesentliche reduziert. Bryson beweist auch hier wieder sein sicheres Gespür dafür, was erzählt werden muss und was guten Gewissens fortfallen kann. Und zum anderen macht Bryson an jeder Stelle klar, was man sicher über den Dichter weiß und was Spekulation ist. Natürlich ist auch Bryson genötigt, viel Allgemeines über das Elisabethanische Zeitalter zu erzählen, wo ihm konkreten Fakten zum Leben Shakespeares fehlen, doch bleibt sein Buch auch dabei immer interessant und gut lesbar.

Eine hervorragende, kurze Einführung in Shakespeare und seine Epoche.

Bill Bryson: Shakespeare – wie ich ihn sehe. Goldmann Taschenbuch 47275. ISBN: 978-3-442-47275-8. Preis: € 7,95.

Balzac

Honoré de Balzac (1799–1850), Schöpfer des riesigen Erzählzyklus der »Menschlichen Komödie«, hat ein unglaublich spannendes und bewegtes Leben geführt. Stets musste er sich mit seinen wachsenden Schulden und seinen Gläubigern herumschlagen, was ihn allerdings nicht davon abhielt, seinen luxuriösen Lebensstil fortzuführen, ja den Luxus entgegen besserer Einsicht noch weiter zu steigern. Rettung erhoffte sich Balzac immer erneut durch irgendwelche wundersamen Geschäftsgewinne – alle Versuche in dieser Richtung endeten bereits nach kurzer Zeit im nächsten finanziellen Desaster – oder durch eine vorteilhafte reiche Heirat, die ihn auf einen Schlag von allen Sorgen befreien sollte. Mehr der Not als der Neigung gehorchend sah er sich gezwungen, sich auf sein einziges wirkliches Talent, das Schreiben, zu stützen, um wenigstens den dringendsten Luxus finanzieren zu können. Besonders von strohgelben Glacéhandschuhen musste Balzac jederzeit ein oder zwei Dutzend Paar zur Verfügung haben, um sich wohl zu fühlen.

Johannes Willms Biographie Balzacs nimmt sich über Strecken wie eine Sammlung von Klatsch und Tratsch aus. Doch wie schon für seinen »Napoleon« wertete Willms umfangreich Briefzeugnisse aus, um ein möglichst genaues und persönliches Bild zu zeichnen. Dabei weicht er den unvorteilhaften Zügen Balzacs nicht aus: nicht dem schwierigen Verhältnis zur Mutter, nicht seiner rücksichtslosen Ausnutzung anderer Menschen, nicht seiner Verlogenheit sich und anderen gegenüber, nicht seiner Neigung, die Verantwortung für seine Misere auf andere zu schieben. Eine interessante und exzellent geschriebene Biografie.

Johannes Willms: Balzac. Zürich: Diogenes, 2007. ISBN: 978-3-257-06624-1. Preis: € 24,90. Dieser Titel kann in der Stadtbibliothek Solingen über die Bergisch-Bib entliehen werden.

Che

Steven Soderbergh (geb. 1963 in Atlanta) hat sich eine für einen Hollywood-Regisseur eher ungewöhnliche Filmographie erarbeitet. Bekannt wurde er 1989 mit »Sex, Lügen und Videos«, doch seinen Durchbruch hatte er erst mit »Erin Brockovich« (2000). Mit seiner Trilogie um den Dieb Danny Ocean (2001/2004/2007) schien er endgültig in der Unterhaltungsmaschinerie Hollywoods angekommen zu sein. Doch dann überraschte er das Publikum im Jahr 2008 mit einer mehr als vierstündigen Film-Biographie des argentinischen Revolutionärs Ernesto Guevara (1928–1967), besser bekannt unter seinem Kampfnamen Che.

Che, dessen Bild bereits in den 60er-Jahren zur Ikone wurde, war Arzt und lernte 1956 auf einer seiner vielen Reisen in Mexiko Fidel Castro kennen. Er schloss sich dessen revolutionärer Bewegung an, die schließlich Anfang 1959 das Bastista-Regime auf Kuba stürzen und die Macht übernehmen konnte. Nach einigen Jahren der politischen Arbeit in Havanna ging Che 1966 als Revolutionär nach Bolivien, wo er im Oktober 1967 gefangen genommen und ermordet wurde.

Soderberghs historisch sorgfältiges Porträt konzentriert sich ganz auf die politische Biographie Ches. Dessen Privatleben bleibt bis auf Andeutungen ausgeblendet. Die erste Hälfte des Films beschäftigt sich mit den kubanischen Jahren, während die zweite den Guerillakampf in Bolivien dokumentiert. Mit Benicio Del Toro hat Soderbergh einen leidenschaftlichen Darsteller Ches gefunden, der mit seiner intensiven Verkörperung der politischen Ikone diesen vierstündigen Film-Marathon zu einem Erlebnis macht.

»Che«. Spanien, Frankreich, USA, 2008. 3 DVDs, Senator. Sprachen: Deutsch, Spanisch. Länge: zusammen ca. 256 Minuten. Extras: Making-of, Interviews. FSK: ab 12 Jahren. Preis: ca. € 20,–.