Die Nase

An einem 25. März erwacht in Petersburg der Barbier Iwan Jakolewitsch, weil ihm der Geruch frisch gebackenen Brotes in die Nase steigt. Also setzt er sich zum Frühstück hin, um in aller Ruhe ein warmes Brot mit Zwiebeln zu essen. Doch man kann sich seinen Schreck vorstellen, als er beim Durchschneiden des Brotes eine eingebackene Nase findet, und nicht irgend eine Nase, sondern die des Kollegienassessors Major Kowalioff, der zu seinen Kunden gehört. Da Iwan Jakolewitsch am Vorabend zu betrunken war, um sich noch zu erinnern, wie die Nase ins Brot gekommen sein könnte, versucht er den Vorfall zu vertuschen: Er wickelt die Nase in ein Stück Papier und wirft sie von einer Brücke aus in die Newa.

Noch ärger allerdings erschreckt sich der gut aussehende Major Kowalioff, als er am selben Morgen erwacht und statt seiner Nase nur eine glatte Fläche in seinem Gesicht vorfindet. Kowalioff hofft auf eine Karriere in der russischen Verwaltung, vielleicht sogar einen Vizegouverneursposten. Aber wer wird einen Menschen ohne Nase anstellen? Und auch um seine Chancen beim schönen Geschlecht dürfte es ohne Nase schlecht bestellt sein. Als sei all dies nicht schlimm genug, erblickt Major Kowalioff, als er mit vorgehaltenem Schnupftuch durch Petersburg läuft, seine eigene Nase in Uniform aus einer Droschke steigen. Der Uniform nach zu urteilen hat die Nase den Rang eines Wirklichen Staatsrates. Trotz des Rangunterschieds entschließt sich Kowalioff, seine Nase anzusprechen …

Aus dieser absurden Konstellation heraus hat Nikolai W. Gogol (1809-1852) eine seiner witzigsten Erzählungen erschaffen.

Nikolai W. Gogol: Meistererzählungen. Aus dem Russischen von Sigismund von Radecki. Diogenes Taschenbuch detebe 21091. ISBN: 978-3-257-21091-0. Preis: € 9,90.