Als Kurt Tucholsky im Winter 1930/31 an »Schloß Gripsholm« arbeitete, befand er sich in einer schwierigen Lebenslage: Seit Jahren litt er unter wechselnden Krankheiten. Er war von der langen Zeit, in der er sich sowohl beruflich als auch privat immer Übermäßiges abverlangt hatte, ausgelaugt und fühlte sich müde. Außerdem hatte sich die Zeitungs- und politische Landschaft in Deutschland gewandelt: Die linken und freiheitlichen Blätter, für die er geschrieben hatte, verschwanden mehr und mehr, und Tucholskys finanzielle Basis war dünn geworden.
Deshalb versuchte er, sich neben dem Journalismus weitere Arbeitsfelder zu erschließen: Er schrieb ein Filmmanuskript, das aber nie produziert wurde, und nach beinahe 20 Jahren wieder einmal eine umfangreiche Erzählung. Er wusste, dass das Buch ein Erfolg werden musste, um ihn zu sanieren.
Und das ist das Buch auch geworden: Eine wunderbar leichte Erzählung von Liebe und Sommer, von der Freiheit und vom Sichvertragen der Menschen untereinander, vom Spazierengehen und Plaudern und davon, wie schön es sein kann, gemeinsam mit der Geliebten »die Seele baumeln zu lassen«. Eingeflochten in diese Sommergeschichte findet sich als Gegenstück eine andere: Die der neunjährigen Ada, die von ihrer Mutter in ein Kinderheim gegeben wurde, in dem eine fürchterliche Megäre herrscht, die die Kinder tyrannisiert und schikaniert. Und natürlich müssen der Erzähler und seine Geliebte Lydia ausziehen, um dieses Kind zu retten …
»Schloß Gripsholm« ist zu Recht einer der beliebtesten Texte Tucholskys. So ein Buch ist in der deutschen Literatur nicht oft gelungen.
Kurt Tucholsky: Schloß Gripsholm. rororo 10004. ISBN: 978-3-499-10004-8. Preis: € 6,90.