Bei Goethe zu Gast

Durch Martin Walsers kontrovers diskutierten Roman »Ein liebender Mann« steht Goethe gerade wieder einmal im Zentrum der Öffentlichkeit. Manch ein Leser des Romans oder der Rezensionen wird wünschen, sich ein unmittelbareres Bild von dem Weimarer Dichter machen zu können. Nun sind die meisten Sammlungen von Goethes Briefen und Gesprächen zu umfangreich, um sich einen schnellen, doch prägnanten Eindruck zu verschaffen.

Zum Glück hat der Goethe-Kenner Werner Völker eine kleine Auswahl von zeitgenössischen Berichten zusammengestellt, die Besucher des Hauses am Frauenplan niedergeschrieben haben. Die Auswahl beginnt mit Karl Philipp Moritz nach Goethes Rückkehr aus Italien im Jahr 1788 und endet mit Notizen des Weimarer Prinzenerziehers Frédéric Soret aus Goethes Todesjahr 1832. In dieser Zeitspanne war Goethe langsam aber sicher zur wichtigsten Sehenswürdigkeit der Thüringischen Residenz geworden. Kaum ein Besucher der Stadt, der ein wenig auf sich hielt, verzichtete darauf, am Frauenplan seine Karte abzugeben und zu hoffen, von Goethe zu einer Audienz oder sogar zum Essen geladen zu werden. Nicht alle diese Begegnungen sind glücklich verlaufen: So ist etwa der junge Heinrich Heine von der persönlichen Bekanntschaft mit Goethe tief enttäuscht, was seiner Verehrung des Werks aber keinen Abbruch getan hat.

Werner Völker leitet jeden Abschnitt des Büchleins mit einer kurzen Vorstellung der Autorin bzw. des Autors ein und gibt auch zwischendurch hilfreiche Erläuterungen. Ein schönes Buch für alle, die Goethe aus der Nähe kennenlernen möchten.

Bei Goethe zu Gast. Besucher in Weimar. Hg. v. Werner Völker. it 1725. ISBN: 978-3-458-33425-5. Preis: € 7,50.