Das endgĂŒltige Satirebuch

Vor gut 30 Jahren, im November 1979, erschien das erste Heft des Satiremagazins »Titanic«. Zum JubilĂ€um hat die Redaktion sich und allen Titanic-Lesern ein Geschenk gemacht und das »Erstbeste aus 30 Jahren« in einem Buch versammelt. »Titanic« hat mit Witz und Biss 30 Jahre west- und gesamtdeutscher Geschichte begleitet. NatĂŒrlich standen oft Politik und Politiker im Zentrum der Satire: So hat es Helmut Kohl ĂŒber 60 Mal aufs Titelblatt geschafft (eine Auswahl der besten Kohl-TitelblĂ€tter findet sich natĂŒrlich im Buch), aber auch Rudolf Scharping, Gerhard Schröder, Kurt Beck, Angela Merkel u.v.a. sind nicht unbehelligt davongekommen.

Doch die Satire der »Titanic« hat sich nicht nur mit Politik beschĂ€ftigt, sondern sich auch der »heiligen KĂŒhe« bundesdeutscher Kultur angenommen: Gern erinnert man sich etwa an die Aktion bei »Wetten, dass..?«, bei der der »Titanic«-Redakteur Bernd Fritz beinahe Wettkönig wurde mit der unsinnigen Wette, er könne Buntstifte am Geschmack erkennen. Nicht weniger heiß diskutiert wurde die Aktion von Martin Sonneborn, der sich im Juli 2000 in die Vergabe der Fußball-WM nach Deutschland einmischte, als er einem neuseelĂ€ndischen Fifa-FunktionĂ€r ein absurdes Bestechungsschreiben ins Hotel faxte.

Neben vielen aktuellen Themen blĂŒhte bei der »Titanic« aber auch immer ein Sinn fĂŒr höheren Unsinn, so wenn etwa Opa Sondermann seinen Enkeln Abenteuer aus der Versicherungsagentur erzĂ€hlt oder man im Stil der »Was ist Was«-BĂŒcher erklĂ€rt, warum wir mit den FĂŒĂŸen gehen.

Die und vieles mehr gibt es in dem JubilÀumsband wiederzuentdecken.

Titanic. Das endgĂŒltige Satirebuch. Das Erstbeste aus 30 Jahren. Hg. v. Peter Knorr, Oliver Maria Schmidt, Martin Sonneborn u.a. Berlin: Rowohlt Berlin, 2009. ISBN: 978-3-87134-652-1. Preis: € 25,00.

Der Untertan

Am 11. MĂ€rz vor 60 Jahren starb in Santa Monica in Kalifornien einer der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller der ersten HĂ€lfte des 20. Jahrhunderts: Heinrich Mann. Er war im Februar 1933, kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, nach Frankreich geflohen. Da er seit langer Zeit den Kommunisten nahegestanden hatte, musste er damals jederzeit mit seiner Verhaftung rechnen. Er lebte zuerst in SĂŒdfrankreich und siedelte 1940 in die USA ĂŒber. Dort wohnte er in der NĂ€he seines Bruders Thomas, mit dem er in den letzten Jahren wieder eine engere Beziehung hatte.

Als Romanautor stand Heinrich Mann in Deutschland wohl immer im Schatten seines jĂŒngeren Bruders Thomas, obwohl er bereits ein etablierter Autor war, als dessen erster Roman erschien. Im Wesentlichen werden heute – neben seiner immer noch sehr lesenswerten Autobiographie »Ein Zeitalter wird besichtigt« (1946) – von Heinrich Manns zahlreichen Romanen nur noch zwei hĂ€ufiger gelesen: »Professor Unrat« (1905) und »Der Untertan«, den er bereits im Juli 1914 abgeschlossen hatte, der aber erst 1918 nach dem Ende des Ersten Weltkriegs als Buch erscheinen konnte. Der Roman erzĂ€hlt vom gesellschaftlichen Aufstieg Diederich Heßlings, eines feigen und obrigkeitshörigen MitlĂ€ufers, dessen grĂ¶ĂŸter Wunsch es ist, seinem Kaiser Wilhelm II. so Ă€hnlich wie möglich zu sein. Mit großer satirischer Distanz erschafft Heinrich Mann in Heßling den Prototypen des wilhelminischen BĂŒrgers. Das Buch löste bei seinem Erscheinen ein heftige Debatte aus, in der sich auch Thomas Mann gegen seinen Bruder stellte. Es hat bis heute nichts von seinem Witz und seiner satirischen SchĂ€rfe verloren.

Heinrich Mann: Der Untertan. Fischer Taschenbuch 90026. ISBN: 978-3-596-90026-8. Preis: € 9,00.

W.

Oliver Stone hat seinen dritten Film ĂŒber einen amerikanischen PrĂ€sidenten gedreht. 1991 beschĂ€ftigte er sich in »JFK« mit der Aufarbeitung der WidersprĂŒche, die die offizielle Version der Ermordung John F. Kennedys enthielt und legte zugleich eine Verschwörung von Ex-Kubanern, der Mafia oder gar der Geheimdienste oder des MilitĂ€rs nahe. Nur vier Jahre spĂ€ter kam mit »Nixon« sein mehr als dreistĂŒndiges, dunkles und in Europa bis heute wenig beachtetes PortrĂ€t des 37. US-PrĂ€sidenten in die Kinos. Und im vergangenen Jahr erschien, noch wĂ€hrend seiner Amtszeit, mit »W.« sein Film ĂŒber George W. Bush.

Stone verfolgt in diesem Film das Leben und die Karriere George W. Bushs (Josh Brolin) von seiner UniversitĂ€tszeit bis zum sogenannten Ende des Irakkrieges. Dabei bildet die Zeit des Irakkrieges den erzĂ€hlerischen Rahmen, in den durch RĂŒckblenden die frĂŒheren Lebensstationen Bushs hereingeholt werden. Niemand, der Stones Filme kennt, wird ein positives Bild Bushs erwarten. Im Zentrum stehen denn auch eher dessen private, geschĂ€ftliche und politische Misserfolge sowie sein lange Zeit gespanntes VerhĂ€ltnis zum Vater. Das PortrĂ€t ist dabei sicherlich nicht unaufrichtig, es ist nur ein wenig einseitig geraten, was einem aber den Spaß an diesem satirischen KabinettstĂŒck nicht verderben sollte.

Der Film ist mit hervorragenden Schauspielern besetzt: Elizabeth Banks als Laura Bush, James Cromwell als Vater Bush, Richard Dreyfuss grandios in der Rolle Dick Cheneys, Jeffrey Wright als Colin Powell und nicht zuletzt eine unglaublich verklemmt wirkende Thandie Newton als Condoleezza Rice.

»W.«. USA, 2008. DVD, Planet Media. Sprachen: Deutsch, Englisch. Extras: Interviews mit Cast und Crew; Biografien; Trailer. LÀnge: ca. 124 Minuten. FSK: ab 12 Jahren.