Pleasantville

David (Tobey Maguire) ist wohl der größte lebende Fan der alten Schwarz-Weiß-Serie »Pleasantville« – auf Deutsch etwa »Hübschhausen« –, die eine heile US-amerikanische Welt der 1950er Jahre darstellt. Er verpasst keine einzige Folge von »Pleasantville« und ist ein Experte für alle Details der Serie. So freut er sich besonders, als im Fernsehen ein »Pleasantville«-Marathon angekündigt ist. Leider kollidiert das mit dem Plan seiner Schwester Jennifer (Reese Witherspoon), die mit ihrer neusten Eroberung ein Konzert auf einem Musikkanal anschauen will. Dem ausbrechenden Streit der beiden fällt leider die Fernbedienung zum Opfer, woraufhin ein aus dem Nichts auftauchender, merkwürdiger Fernsehtechniker ihnen eine neue Fernbedienung schenkt. Als David sie ausprobiert, werden er und seine Schwester auf wundervolle Weise mitten in die Schwarz-Weiß-Welt von »Pleasantville« hinein transportiert.

Aus dieser etwas albernen Grundkonstellation heraus entwickelt Regisseur und Drehbuchautor Gary Ross eine ungewöhnliche Komödie, in der die beiden Eindringlinge aus den 90er Jahren langsam aber sicher die idealisierte Welt von »Pleasantville« mit Leben erfüllen. Und je lebendiger diese Welt wird, desto bunter wird sie: Stück für Stück, Figur um Figur der alten Serie bekommt Farbe, bis am Ende die ganze Welt von »Pleasantville« in der Realität angekommen ist.

»Pleasantville« ist ein humorvolles Lehrstück über das konservative Bild der »goldenen« 50er Jahre und die Verkitschtheit von Fernsehserien. Auch nach über 10 Jahren immer noch sehenswert!

»Pleasantville«. USA, 1998. 1 DVD, Concorde. Sprachen: Deutsch, Englisch. Länge: ca. 123 Minuten. Extras: Audiokommentar des Regisseurs, Making-of, Interviews u.a. FSK: ab 6 Jahren. Preis: ca. € 8,–.

Mutmassungen über Jakob

Am 20. Juli 2009 wäre der Schriftsteller Uwe Johnson 75 Jahre alt geworden, wenn er nicht schon gut 25 Jahre zuvor an den Folgen seiner Alkoholsucht gestorben wäre. Sein vierbändiger Roman »Jahretage. Aus dem Leben der Gesine Cresspahl« ist heute schon ein Klassiker der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts. Und einige seiner Bücher haben es sogar bis in den Kanon der Schullektüre geschafft; an prominenter Stelle seine »Mutmassungen über Jakob«, die schon durch das fehlende »ß« im Titel auffallen. Dieser Buchstabe fehlt auch sonst im ganzen Buch, und was die meisten Leser zusätzlich verstört, ist die eigenwillige Zeichensetzung Johnsons.

Die »Mutmassungen« sind ein guter Einstieg in die literarische Welt Uwe Johnsons, denn sie sind eine Art von Vorspiel zu den »Jahrestagen«. Erzählt wird die Geschichte von Jakob Abs, Beamter der Reichsbahn, der im Herbst 1956 im Alter von nur 28 Jahren von einer Lokomotive überfahren wird. Es bleibt unklar, ob es sich dabei um einen Unfall, Selbstmord oder vielleicht sogar um einen politisch motivierten Mord handelt. Jakob ist der Geliebte Gesine Cresspahls, die 1956 bereits in den Westen geflüchtet ist und dort für die NATO arbeitet. Auch seine Mutter lebt in der BRD, während Jakob in der DDR versucht, ein unpolitisches Leben zu führen, was ihm aber nicht gelingen kann. Aufgrund seiner Verbindungen in die BRD steht er unter ständiger Beobachtung der Militärischen Spionageabwehr der DDR, deren Ziel es ist, Gesine als Spionin anzuwerben. Als Jakob zu Gesine in den Westen fährt, kehrt er nach nur wenigen Tagen in die DDR zurück. Noch am selben Abend geht er wie immer quer über die Gleise …

Uwe Johnson: Mutmassungen über Jakob. Suhrkamp Taschenbuch 3128. ISBN: 978-3-518-39628-5. Preis: € 9,50.