Arno Geiger (geb. 1968) gewann im Jahr 2005 den damals erstmals verliehenen Deutschen Buchpreis für seinen Roman »Es geht uns gut«, der die Geschichte einer österreichischen Familie mit ihren Verwicklungen in der Nazizeit aus der Sicht eines Nachgeborenen erzählt.
Sein neues Buch »Der alte König in seinem Exil« ist eine Mischung aus autobiografischer Erzählung und Essay. Es erzählt die Geschichte seines Vaters, genauer die Entwicklung von dessen Demenzerkrankung bis hin zu seinem Tod. Was die Angehörigen zuerst nur als ein Sich-Gehenlassen, als Lustlosigkeit oder mangelndes Interesse interpretieren, stellt sich mit der Zeit als ernsthafte Erkrankung heraus. Bald ist der Vater auf ständige Betreuung angewiesen, und Arno Geiger verbringt viel Zeit mit ihm. Eigentlich hatte er seine Beziehung zum Vater emotional bereits abgeschrieben, aber erstaunlicherweise findet er durch die Krankheit einen Weg zurück zu ihm. Es fängt damit an, dass er als Schriftsteller erstaunt ist über die Formulierungen, die der Vater findet und erfindet:
Es waren Sätze, die auch ein Held von Franz Kafka oder Thomas Bernhard gesagt haben könnte, ich dachte mir, da haben sich zwei gefunden, ein an Alzheimer erkrankter Mann und ein Schriftsteller.
Langsam findet er sogar jenen Vater wieder, den er von der Krankheit bereits zerstört glaubte.
»Der alte König in seinem Exil« ist nicht nur die Dokumentation einer Erkrankung, sondern es erzählt auch die Lebensgeschichte des Vaters nach, von seiner unglückliche Ehe, seinem Einzelgängertum und seiner stillen Liebe. Ein leises und beeindruckendes Buch über eine Vater-Sohn-Beziehung.
Arno Geiger: Der alte König in seinem Exil. München: Carl Hanser, 2011. ISBN: 978-3-446-23634-9. Preis: € 17,90. Dieser Titel kann auch als eBook ausgeliehen werden.
Die tief berührende Geschichte seines Vaters, der seine Orientierung im Leben verliert, erzählt Arno Geiger mit einfühlsamen und behutsamen Worten. Ich bin fasziniert von der schönen, klaren Sprache, der lebendigen Darstellung und auch der Komik, die mich lachen ließ. Das Hörbuch wird von Matthias Brandt ganz wunderbar intoniert: Sehr zu empfehlen.