Der Zögling Törleß

Robert Musil (1880-1942), der durch seinen unvollendeten Roman »Der Mann ohne Eigenschaften« weltbekannt wurde, begann seine schriftstellerische Laufbahn 1906 mit dem kleinen Roman »Die Verwirrungen des Zöglings Törleß«. Das Buch spielt in einem Internat in der österreichischen Provinz. Schon die ersten Sätze des Buches machen klar, dass man hier am Ende der Welt angekommen ist:

Eine kleine Station an der Strecke, welche nach Rußland führt. Endlos gerade liefen vier parallele Eisenstränge nach beiden Seiten zwischen dem gelben Kies des breiten Fahrdammes …

Im Zentrum des Romans steht der 16-jährige Schüler Törleß, der durch eher zufällige Umstände in eine ihn zugleich faszinierende und bedrängende Lage gerät. Sein Mitschüler Basini ist von zwei andere Mitschülern, Reiting und Beineberg, beim Stehlen ertappt worden. Basini, dem bei Bekanntwerden des Diebstahls ein Schulverweis droht, lässt sich darauf ein, Reiting und Beineberg als »Diener« zur Verfügung zu stehen. Er sieht sich nun den Erniedrigungen durch seine Entdecker ausgesetzt, die deutlich sexuell motiviert sind und im Laufe der Zeit immer mehr an Grausamkeit zunehmen.

Törleß nimmt an diesen Quälereien selbst nicht aktiv teil, sondern erlebt sie als Zuschauer, der sich weder das Verhalten Basinis erklären kann, noch die Faszination begreift, die das ganze auf ihn selbst ausübt. Er ist auf diese Verwirrung seiner Gefühle nicht vorbereitet, findet keine Worte, die ihm helfen würden das Geschehen einzuordnen.

Der bekannte Schauspieler Ulrich Tukur hat im Hörverlag eine einfühlsame und nuancierte Lesung dieses kleinen psychologischen Meisterwerks vorgelegt.

Robert Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß. Gelesen von Ulrich Tukur. München: Der Hörverlag, 2005. 5 CDs mit zusammen ca. 350 Minuten Laufzeit. Ca. € 25,00.