Candida Höfers Bildband »Bibliotheken« geizt mit Worten: Zwar bildet ein Essay von Umberto Eco das Vorwort, in dem Eco über die die absolute, die schlechte und die gute Bibliothek philosophiert. An einer Stelle befürchtet Eco die Verdrängung des Buches durch »Lesegeräte und Mikrofiches« (der Essay stammt aus dem Jahr 1981), was beinahe schon einen Hauch von Nostalgie aufkommen lässt.
Bis auf den kurzen Anhang, der immerhin ein Ortsregister liefert, enthält der Band aber sonst ausschließlich Fotografien von Bibliotheken in Europa und Amerika. Gezeigt werden alle Bereiche: Lesesäle, Buchmagazine, Kataloge, Verwaltungsbüros, leere Regale und hoch aufgetürmte Bücherwände, üppige barocke Bibliotheksarchitekturen, modern karge Zweckräume oder fast bedrückend wirkende Kellerverliese, Klassiker (etwa die Bibliothek des Trinity College in Dublin) und schlafende Schönheiten (etwa eine leergeräumte Kirche in San Augustin, Mexiko, von der wir nicht erfahren, ob sie einst als Bibliothek gedient hat oder ob sie erst noch eine werden soll).
Nur hier und da sind Leser, also die Nutzer der Bibliotheken auf den Bildern zu finden. Diese Menschenleere erzeugt eine besondere Wirkung, zumindest beim echten Buchliebhaber: Die Bilder öffnen sich ihm als Spielwiese der Phantasie – allein zu sein mit dieser überwältigenden Fülle von Bänden, sich wenigstens für den Moment einbilden zu dürfen, dies sei die eigene Bibliothek, ganz angepasst an die eigenen Interessen und Neigungen, gefüllt mit den ausgesuchtesten Ausgaben.
Ein Band für die Pausen zwischen den Romanen.
Candida Höfer: Bibliotheken. München: Schirmer/Mosel, 2005. 272 Seiten (24,5 x 30 cm) mit 137 Farbfotos. ISBN-13: 978-3-8296-0178-8. Preis: € 78,–.