Ein Sommer in Baden-Baden

Im Jahr 1867 verlässt Fjodor Michailowitsch Dostojewskij zusammen mit seiner jungen, zweiten Ehefrau Anna Grigorjewna fluchtartig Russland. Er muss sich seinen Gläubigern entziehen, die nach dem überraschenden Tod seines Bruders versuchen, die Schulden der beiden Brüder einzutreiben, die aus dem Bankrott ihrer gemeinsam herausgegebenen Zeitschrift stammen.

Dostojewskij lässt sich vorerst in Dresden nieder. Im Sommer reist er mit seiner Gattin nach Baden-Baden in der Hoffnung, dort im Kasino genug Geld gewinnen zu können, um seine Schulden zurückzahlen und nach Russland zurückkehren zu können. Er ist ein leidenschaftlicher Spieler, und es ergeht ihm am Roulettetisch so, wie es einem Spieler ergehen muss: Er kann erst den Tisch verlassen, wenn er seinen letzten Kreuzer verspielt hat. Tag um Tag sitzt er im Kasino, solange bis auch die letzten finanziellen Reserven verloren sind. Als seine Frau und er endlich weder ein noch aus wissen, rettet sie eine telegrafische Geldanweisung aus ihrer Not: Sie können die ausstehende Miete in ihrer Pension bezahlen, Kleidung und Schmuck auslösen, die sie versetzt hatten, und Fahrkarten kaufen, um Baden-Baden endlich zu verlassen. Und selbst in dieser Situation kann sich Dostojewskij nicht gänzlich vom Roulette losreißen.

Diese dramatischen Wochen stehen im Mittelpunkt des einzigen Romans von Leonid Zypkin (1926–1982), der erst aus dem Nachlass veröffentlicht wurde. Der Roman macht nicht nur neugierig auf den Menschen Dostojewskij, sondern die immer wieder eingestreuten Exkurse zu Dostojewskijs Büchern und Figuren machen auch Lust, sich wieder einmal in eine der ausschweifenden Romanwelten dieses außergewöhnlichen russischen Klassikers zu versenken.

Leonid Zypkin: Ein Sommer in Baden-Baden. Berlin Verlag, 2006. ISBN-13: 978-3-8270-0488-8. Preis: € 19,90.