Am 16. Dezember 1859 starb in Berlin der jüngere des wohl berühmtesten Brüderpaars der deutschen Literatur: Wilhelm Grimm (1786–1859). Zusammen mit seinem Bruder Jacob (1785–1863) galt er als einer der wichtigsten Sprach- und Literaturwissenschaftler seiner Zeit. Er lehrte bis zu seinem Tod an der Berliner Universität und arbeitete zusammen mit seinem Bruder an einem »Deutschen Wörterbuch«, dessen letzte Einträge erst 1954 erscheinen sollten.
Ihre Popularität aber gewannen die Brüder Grimm durch ihre Sammlung der »Kinder- und Hausmärchen«, deren erster Band 1812 mit 86 Märchen erschien, dem drei Jahre später ein zweiter mit weiteren 72 Märchen folgte. Die Brüder erweiterten und überarbeiteten diese Sammlung in den Folgejahren immer wieder, so dass die 7. Auflage von 1857 schließlich 211 Märchen umfasste. Zum eigentlichen Bestseller wurde aber die sogenannte Kleine Ausgabe von 1825, die nur 50 Märchen enthielt.
Das Interesse sowohl der sammelnden Brüder als auch des Lesepublikums an Volksmärchen war schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden: Die jungen bürgerlichen Schriftsteller suchten damals nach unverbrauchten literarischen Formen und entdeckten die Volkspoesie: Bislang nur mündlich überlieferte Volkslieder, Balladen und Märchen wurden erstmals systematisch gesammelt und dem Druck übergeben.
Selbst wenn man meint, die meisten der Märchen bereits zu kennen, lohnt sich doch einmal ein Blick in eine vollständige Ausgabe, nicht nur der Erinnerungen wegen, die das weckt, sondern auch, weil dort sicher noch die eine oder andere überraschende Entdeckung zu machen ist.
Jakob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand. Stuttgart: Reclam, 2009. ISBN: 978-3-15-010724-9. Preis: € 19,90.