Gustav Aschenbach, alternder Schriftsteller und geistiger Urenkel der deutschen Klassik, fühlt sich etwas angegriffen und kommt mir seinem jüngsten Werk nicht so recht voran. Deshalb entschließt er sich gegen seine Gewohnheit zu einer Urlaubsreise und landet, nach einer Zwischenstation, schließlich in Venedig. Obwohl das Wetter schlecht ist und ihm das Klima in der Stadt nicht gut bekommt, entschließt er sich, vorerst in der Stadt zu bleiben. Da fällt ihm in seinem Hotel ein 14-jähriger Pole auf, der ihm von überirdischer Schönheit zu sein scheint. Tadzio, so sein Name, ist zusammen mit seiner Mutter und seinen Schwestern ebenso wie Aschenbach als Tourist in Venedig. Zu Anfang scheint der Schriftsteller nur neugierig zu sein, aber je länger sein Aufenthalt dauert, desto stärker und erotischer werden seine Gefühle für den Knaben, der Aschenbachs Interesse an ihm durchaus bemerkt und damit kokettiert.
Aschenbach versucht sich diesem Gefühl durch eine Abreise zu entziehen, doch als man sein Gepäck zufällig in die falsche Richtung verschickt, nutzt er dieses Missgeschick, um am Ort zu bleiben. Auch als die Cholera in Venedig ausbricht und die meisten Sommergäste die Stadt verlassen, bleibt Aschenbach vor Ort und in der Nähe Tadzios.
Wir wissen heute, dass Thomas Mann die meisterhafte Erzählung entlang eigener Erlebnisse geschrieben hat, ja wir kennen inzwischen sogar das reale Vorbild für den schönen Tadzio. Aber auch abgesehen vom biographischen Hintergrund erweist sich diese Novelle mit ihrer Motivik, den Vorausdeutungen und Spiegelungen und nicht zuletzt ihrer Sprache als eine Perle deutscher Erzählkunst.
Thomas Mann: Der Tod in Venedig. Fischer Tb. 11266. ISBN: 978-3-596-11266-1. Preis: € 6,95.