Traumnovelle

Im Jahr 1926 erschien im S. Fischer Verlag in Berlin ein kleines Büchlein von Arthur Schnitzler (1862–1931), das zum einen auf die letzte Jahrhundertwende zurückblickte, zum anderen aber schon viel von der Krise der bürgerlichen Ehe im 20. Jahrhundert vorwegnahm.

Erzählt wird die Geschichte von Fridolin, einem 35 Jahre alten, Wiener Arzt, der etwa seit sieben Jahren mit Albertine verheiratet ist, mit der zusammen er eine sechsjährige Tochter hat. Die Eheleute waren am Abend, bevor die Erzählung einsetzt, auf einem Karnevalsball gewesen und hatten dort, jeder für sich, einen kleinen erotischen Flirt erlebt, von dem sich die beiden nun am Abend danach erzählen. Aber es bleibt nicht dabei: Albertine gesteht ihrem Mann, dass sie sich im letzten Urlaub in Dänemark haltlos in einen jungen Mann verliebt hatte, ohne mit ihm auch nur ein einziges Wort gewechselt zu haben.

Dieses offenherzige Geständnis seiner Frau wirft Fridolin aus seiner alltäglichen Routine. Als er ans Sterbebett eines Patienten gerufen wird, kehrt er von dort aus nicht heim, sondern durchläuft eine sich steigernden Reihe erotischer Abenteuer, die schließlich im Besuch einer geheimen Orgie endet. Dort wird er aber bald als nicht geladener Gast erkannt und aus dem Haus geworfen. Als er schließlich am frühen Morgen doch nach Hause zurückfindet, erzählt ihm seine aufwachende Frau einen Traum, der Fridolins Krise noch weiter vertieft. So macht er sich am nächsten Tag auf, die Geheimnisse der vergangenen Nacht zu lüften …

Schnitzlers »Traumnovelle« hat bis heute nichts von ihrer Faszination verloren und diente Stanley Kubrick Ende der 90er Jahre als Vorlage für seinen letzten Spielfilm »Eyes Wide Shut«.

Arthur Schnitzler: Traumnovelle. Reclam UB 18455. ISBN: 978-3-15-018455-4. Preis: € 2,60.