Mit Gustave Flauberts (1821–1880) Romans »Madame Bovary« beginnt die Geschichte des modernen Romans. Bereits der gekürzte Vorabdruck in der »Revue de Paris« im Jahr 1856 löste einen Literaturskandal aus, als man versuchte, das Buch gerichtlich verbieten zu lassen, da man in ihm einen Verstoß gegen die guten Sitten und die öffentliche Moral sah. Das Gericht folgte zwar den Vorwürfen des Staatsanwaltes nicht und sprach den Autor und den Herausgeber der Zeitschrift frei, aber natürlich sicherte der spektakuläre Prozess der ungekürzten Buchausgabe einen grandiosen Erfolg. Flaubert schrieb dazu am 1. Januar 1857 an seinen Bruder Achille:
Ich werde der Löwe der Woche werden, alle Weibsbilder von Rang reißen sich die Bovary aus den Händen, um Obszönitäten darin zu suchen, die sie nicht enthält.
Tatsächlich ist das Buch für den heutigen Geschmack weniger moralisch anstoßend als in seiner unbarmherzigen Konsequenz erschreckend. Erzählt wird die Ehegeschichte von Charles und Emma Bovary, einem Arztehepaar, das in der Normandie lebt. Emma ist ein junges, in der Welt wenig erfahrenes Mädchen, deren Vorstellungen vom Leben in der Hauptsache aus gefühlvollen Romanen stammen. Doch das Leben mit ihrem braven und provinziellen Ehemann erfüllt keine ihrer Erwartungen, und so lässt sie sich aus Langeweile und Enttäuschung auf verschiedene Affären ein. Auch macht sie aus Gefallsucht gedankenlos immer mehr Schulden, so dass sich ihre Situation schon bald ausweglos zuspitzt …
Ich empfehle, diesen Klassiker in der brillanten Komplettlesung Gert Westphals anzuhören.
Gustave Flaubert: Madame Bovary. Ungekürzte Lesung von Gert Westphal. Berlin: Universal / Deutsche Grammophon, 2005. 11 CDs mit zus. etwa 810 Minuten Laufzeit. Preis: ca. 42,– €.