In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 1933 findet auf dem Berliner Opernplatz ein großes Propaganda-Spektakel der neuen, nationalsozialistischen Regierung statt: Hier – und zeitgleich in 21 weiteren Hochschulstädten – werden öffentlich Bücher von Autoren verbrannt, die dem Regime nicht ins Weltbild passen, weil sie Juden sind oder politisch links stehen, weil sie Kriegsgegner sind, weil es ihnen an nationaler Gesinnung gebricht oder auch nur, weil jemand irgendeines ihrer Bücher für »undeutsch« gehalten hat. Die Aktion war von der »Deutschen Studentenschaft« organisiert worden, wurde aber vom Propagandaministerium direkt unterstützt; in Berlin hielt gegen Mitternacht Propagandaminister Joseph Goebbels selbst eine Brandrede.
Viele der Autoren, deren Bücher damals verbrannt wurden, sind heute praktisch vergessen. Ihre Bücher wurden nach dem Krieg nicht mehr aufgelegt, ihre Karriere als Schriftsteller war zerstört. Volker Weidermann, Literaturkritiker und Feuilletonchef der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« hat sich die Mühe gemacht, der ersten Liste verbrannter Bücher nachzuforschen. Er hat versucht, das Schicksal aller 131 Autoren, die auf dieser ersten Verbotsliste des Dritten Reichs standen, zu ermitteln, die verbrannten Bücher aufzufinden und zu lesen. Nicht in allen Fällen ist das gelungen: Manche der Schriftsteller sind während oder nach dem Krieg einfach verschwunden, ohne eine greifbare Spur zu hinterlassen. Mit dieser besonderen Literaturgeschichte wird zum ersten Mal die ganze Breite der Opfer der nationalsozialistischen Bücherverbrennung dargestellt und gewürdigt.
Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher! Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2008. ISBN: 978-3-462-03962-7.