Balram Halwai hat es geschafft: Er hat sich als Sohn eines Rikschafahrers vom Habenichts zum selbstständigen Unternehmer emporgearbeitet. Balram stammt aus einem indischen Dorf in der namenlosen Weite Indiens, aus der Dunkelheit, wie er selbst es nennt. Balram geht, wie so viele andere auch, nach Delhi, um dort Arbeit zu finden. Er hat den Wunsch nach sozialem Aufstieg, deshalb lernt er Autofahren und wird schließlich Fahrer im Haus eines seiner früheren Grundherren. Es dauert lange, bis Balram beginnt, seine Naivität abzulegen und zu begreifen, dass die Welt des modernen Indien nur wenig mit der seines Dorfes gemein hat. Und er sieht von Tag zu Tag klarer, dass die sozialen Grenzen für ihn eng gezogen sind.
Und dennoch ist Balram, als er all dies erzählt, Inhaber eines Taxiunternehmens in Bangalore. Er hat den Aufstieg aus Armut und Unterdrückung geschafft und ist sein eigener Herr geworden. Er ist der weiße Tiger, eines der seltenen Geschöpfe des Dschungels, von denen nur jeweils einer in einer ganzen Generation geboren werden. Wie mag das damit zusammenpassen, dass Balram unter einem falschen Namen in Bangalore lebt und von der Polizei gesucht wird?
Der junge indische Autor Aravind Adiga (geb. 1974) hat mit seinem bemerkenswerten Erstlingsroman »Der weiße Tiger« gleich den Sprung zu internationaler Anerkennung geschafft. Das Buch hat in diesem Jahr den renommierten englischen Booker Prize gewonnen und liegt jetzt bereits auf Deutsch vor. Diesem schwarzhumorigen Schelmenroman ist auch hierzulande ein Bestseller-Erfolg zu wünschen.
Aravind Adiga: Der weiße Tiger. Aus dem Englischen von Ingo Herzke. München: C.H. Beck, 2008. ISBN: 978-3-406-57691-1. Preis: € 19,90.
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