Am 24. Oktober jährt sich der Todestag des Bildhauers und Schriftstellers Ernst Barlachs zum 70. Mal. Seit 1910 lebte Ernst Barlach in dem kleinen Städtchen Güstrow in Mecklenburg. Barlach war zu dieser Zeit schon ein in ganz Europa bekannter Bildhauer, und er entschied sich bewusst dafür, sich in der norddeutschen Provinz niederzulassen, denn in der unruhigen Großstadt Berlin fand er nicht die nötige Ruhe für seine Arbeiten. In Güstrow lebte und arbeitete Barlach bis zu seinem Lebensende 1938. Zum Dank für die gastliche Aufnahme hat er der Stadt Güstrow eine seiner berühmtesten Plastiken geschenkt, den Schwebenden Engel im Güstrower Dom, der an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs gemahnt.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 sah sich Barlach einem kontinuierlich wachsenden Druck ausgesetzt: Seine Ausstellungen wurden behindert und schließlich verboten, ein Bildband beschlagnahmt, seine Kunstwerke aus den öffentlichen Sammlungen entfernt, als entartete Kunst gebrandmarkt und ins Ausland verkauft. Seine zahlreichen Mahnmale wurden abgebaut und eingelagert, im schlimmsten Fall sogar eingeschmolzen. Im August 1937 spitzte sich die Lage zu, als Unbekannte aus dem Güstrower Dom den Schwebenden Engel entfernten.
Franz Fühmann (1922-1984), Erzähler, Lyriker, Essayist, Kinder- und Jugendbuchautor, hat in »Barlach in Güstrow« die Ereignisse des Jahres 1937 nacherzählt. Eindringlich schildert er die bedrängte Lage des 67-jährigen Künstlers, der sich durch die Verleumdungen und Aktionen der Nationalsozialisten in seiner Existenz bedroht sieht, seine Heimat, sein Haus und seine Arbeit aber nicht verlassen kann und will.
Franz Fühmann: Barlach in Güstrow. Reclam Bibliothek 487. ISBN: 978-3-379-00277-6. Preis: € 7,60.