Der Österreicher Christoph Ransmayr (geb. 1954) ist vor 20 Jahren mit seinem Roman »Die letzte Welt« über das Exil des altrömischen Dichters Ovid bekannt geworden. »Die letzte Welt« ist ein virtuoses Kaleidoskop aus Ovids Biographie, dessen »Metamorphosen« und Elementen der Gegenwart. Das Buch war ein überraschender Erfolg; allerdings war es nicht das erste Buch, in dem Ransmayr seine Montagetechnik angewandt hat. Bereits vier Jahre zuvor war sein Roman »Die Schrecken des Eises und der Finsternis« erschienen, damals weitgehend unbeachtet, in dem Ransmayr aus zahlreichen Quellen ein faszinierendes Mosaik zusammengefügt hatte. Erst der Erfolg des Ovid-Buchs brachte auch dem Vorläufer einige Aufmerksamkeit.
Im Zentrum des Romans steht die Österreichisch-Ungarische Nordpolexpedition von 1872 bis 1874, damals noch ein echter Aufbruch ins Unbekannte. Unter der Leitung des Kartographen Julius von Payer und des Kapitäns Carl Weyprecht brachen damals gut 20 Personen auf dem eisgängigen Segelschiff Admiral Tegetthoff ins Nordpolarmeer auf. Kapitän Weyprecht ging davon aus, es gebe eine weitgehend eisfreie Nordost-Passage, also einen Seeweg nach Asien auf der Nordroute statt um Afrika herum.
Diese Einschätzung sollte sich als herber Irrtum erweisen: Obwohl die Admiral Tegetthoff nach Weyprechts Plänen extra mit einer Dampfmaschine als Hilfsantrieb ausgestattet war, war das Schiff binnen Kurzem vom Packeis umschlossen. Zwei harte Winter in der Arktis, die Schrecken des Eises und der Finsternis, standen den Expeditionsteilnehmern bevor …
Christoph Ransmayr: Die Schrecken des Eises und der Finsternis. Bibliothek d. Süddeutschen Zeitung, Bd. 84. ISBN: 978-3-86615-534-3. Preis: € 5,90.