Ambrose Bierce (1842-1914) ist in Deutschland als Autor beinahe nur für eine einzige seiner Kurzgeschichte und eines seiner Bücher bekannt. Die Kurzgeschichte trägt den Titel »Ein Vorfall an der Owl-Creek-Brücke« und erzählt eine Episode aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg: Peyton Farquhar soll auf der Eisenbahnbrücke über den Owl Creek mit dem Strang hingerichtet werden. Doch als er hinterstürzt, reißt der Strick. Er fällt in den Fluss, und damit beginnt eine abenteuerliche Flucht zurück zu seiner Familie. Die Geschichte ist berühmt geworden, weil sie im letzten Absatz eine unerwartete Wendung bringt, die alles Erzählte mit einem Schlag in ein anderes Licht rückt. Man darf sagen, dass dieser erzählerische Trick Schule gemacht hat, aber nur selten so effektvoll angewendet worden ist wie in dieser Vorlage.
Das Buch von Bierce aber, das ihn bekannt gemacht hat, ist »Des Teufels Wörterbuch«. Es enthält kurze, böse, oft auch zynische Definitionen eigentlich harmloser Begriffe:
Malerei, die – Kunst, Flächen vor dem Wetter zu schützen und sie dem Kritiker preiszugeben.
Oder:
Heiliger, der – Toter Sünder; bearbeitet und neu herausgegeben.
Mit solchen Definitionen verdiente sich Bierce zu Lebzeiten viele Anfeindungen, und er bekam den Spitznamen »Bitterer Bierce« angehängt, den er wahrscheinlich mit einem gewissen Stolz trug. Zugleich begründete das »Wörterbuch« aber auch Bierce‘ anhaltenden, weltweiten Ruhm. Aufgrund der zum Teil tagespolitischen und parodistischen Anspielungen existieren bis heute nur Teilübersetzungen ins Deutsche, von denen diejenige des renommierten Autors und Übersetzers Gisbert Haefs die witzigste und pointierteste ist.
Ambrose Bierce: Des Teufels Wörterbuch. Aus dem Amerikanischen von Gisbert Haefs. Area Verlag, 2006. ISBN: 3-89996-865-4. Preis: € 5,00.
Pingback: Caesar - Medientipps aus der Stadtbibliothek Solingen